Feministisches Streikradio am 14. Juni

14. Juni 2019: Violette Banner hingen von den Fenstern, die Haare waren violett gefärbt und die violetten Shirts übergestreift. Über eine halbe Millione Menschen haben am feministischen Streiktag für ihre Rechte die Schweizer Strassen eingenommen. Mittendrin: Der Zusammenschluss von Community-Radios, die live vom Tag berichteten. Und nun heisst es, auch für uns, time for the next round!

Am 14. Juni spannen Vertreter:innen von Community-Radios in Basel, Aarau, Bern, Chiasso, Genf, Schaffhausen, Winterthur und Zürich zusammen, um dem Feministischen Streik eine laute FINTA*-Stimme zu verleihen! Ab Mitternacht kapern wir die Sendungen und senden während 24 Stunden ein gemeinsames Spezialprogramm auf den Frequenzen der beteiligten Radios: das Feministische Streikradio

In über zehn Sprachen von Deutsch über Französisch bis Arabisch hörst du Interviews und Beiträge zu Themen wie tiefe Löhne in Frauenberufen, sexualisierte Gewalt, Gendermedizin oder Frauenrechte im Mittleren Osten. Und obviously wird während diesen 24 Stunden nur Musik von FINTA* Personen gespielt. Zwischen 11:00 Uhr und 22:00 Uhr verlagern wir uns auf den Bundesplatz in Bern und senden live aus dem Sendebus vom Feministischen Streik, übertragen Reden und Konzerte und fühlen mit Schaltungen in verschiedene Regionen der Schweiz dem nationalen Streik auf den Puls. Moderiert wird das Radioprogramm von Sendungsmachenden der beteiligten Radios und weiteren Freiwilligen aus der Medienbranche.

Projektleitung für Radio X: Claire Micallef

 

Folge dem Feministischen Streikradio auf Instagram für Impressionen vom Tag.

Die Beiträge und Reden zum Nachhören

Die Kakerlake als exquisites Mittel zur ästhetischen Transformation

Was haben Social Media Selfies, Algorithmen und Parasiten aus dem argentinischen Dschungel mit gesellschaftlichem Wandel zu tun? Diese Fragen lotet die Künstlerin Victoria Papagni aus. Aktuell bestreitet sie eine Residency im Atelier Mondial. Wir treffen sie zu einem Gespräch über Pop, Sex Toys und Post-humane Theorien. von Mirco Kaempf

23.08.16 Victoria Papagni x Atelier Mondial

Die argentinische Künstlerin Victoria Papagni hat vor kurzem ihre Artist Residency im Atelier Mondial angetroffen. Wir sprachen mit ihr über ihre Arbeiten. #queerfeminist #posthumanist #pink

Angekommen in Basel ist die Künstlerin aus Buenos Aires mit minimalem Gepäck: Laptop, Handy, Kopfhörer - und ein paar Kleider. Und auch wenn ihr Atelierzimmer noch recht sauber und übersichtlich daherkommt, bringt sie eine Schaffenswelt mit sich, mit großem Mass an eigener Ästhetik. Wer sich durch ihre Arbeiten klickt, merkt schnell – Victoria Papagni hat ein Gespür für Pinkness, Hochglanzästhetik und einen Humor, der sich mit viel Subtext durch die Metaebene unseres weltlichen Verständnisses hindurchbewegt. Ihre Themen kreisen um Posthumanismus. Um Beziehungen. Von Menschen zueinander aber auch von Menschen zu Wesen im nicht-menschlichen Sinne.

Da sind zum einen die bereits angesprochenen Kakerlaken. In "Parasite Selfie Homecoming" sind es Schmuckobjekte und lebendige Ungeziefer zugleich. In einem in diesem Jahr gefilmten Video werden die krabbelnden Insekten in Szene gesetzt, wie sie an einem nackten, in Pink getauchten Körper entlangkrabbeln. Sie laufen frei über Schulterblätter, werden schützend in den Händen gehalten oder auch im Mund aufbewahrt. Ihre Kollaborateur:in in diesem Film ist Künstler:in Tobibi Bienz aus Zürich. Die beiden haben sich  während einer Online-Residenz kennengelernt. Dieses Jahr begaben sie sich in den Dschungel von Yungas in Tucuman, im Norden Argentiniens. Einige Fragen die sie ihrem Publikum dazu stellen, sind: Wie würdet ihr mit einer Kakerlake zusammenarbeiten? "We want you – sexy cockroach".

Was haben Selfies also mit namenlosem Ungeziefer zu tun? Victoria Papagni beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit dem Wert unseres Selbstverständnisses und welchen Einfluss Technologie dabei spielt. Ob ein Selfie nun als Selbstbildnis eines anonymen Algorithmus aus Einsen und Nullen betrachtet wird oder einer Kakerlake der Status eines Individuums und eines love interest zugesprochen wird – dazwischen gibt es einen grossen Graubereich. Als Künstlerin bespielt sie diesen Bereich, indem sie ihn in Pink anstreicht, wenn sie frei nach Donna Haraway fordert, in unserem Verständnis das "Mensch sein" zu transformieren. "To overcome the human", wie sie sagt, geschehe in erster Linie durch Empathie.

Eine spirituelle Befreiung zu entfachen versucht sie in ihren Arbeiten auch an in künstlerischem Kontext ungewohnten Orten. So geschehen in einem Sex-Shop während einer performativen Intervention, bei der sie ihre "Colección Menina" vorgestellt hat. Das sind hauptsächlich per Bluetooth gesteuerte Dildos mit Lichtern, audiorythmischen Funktionen, selbst entworfen und 3D-gedruckt. Ein Zusammenspiel von Lust, symbolischer Selbstermächtigung und gleichzeitig auch, einer rund 30.000 Jahre alten Kulturgeschichte welche damit aufgerollt wird, aufbauend auf einem Essay des queer-spanischen Philosophen Paul B. Preciado.

Die ersten Vorhaben stehen bereits fest: Victoria Papagni will zunächst an einer Schmuckkollektion mi Kakerlakenmotiven arbeiten. Im Oktober folgt eine Ausstellung im Salon Mondial in Basel, im Dezember eine Ausstellung in Zürich und dazwischen werden sie und Tobibi Bienz weitere Residenzen besuchen. Up to date bleibt ihr auch via Instagram @vicpapagni.

Die Playlist des Feministischen Streikradios