Radio loco-motivo beider Basel 

Menschen mit und ohne Psychiatrie-Erfahrung 
machen gemeinsam Radio

In der Projekt-Redaktion von Radio loco-motivo gestalten Menschen mit und ohne Psychiatrie-Erfahrung gemeinsam als Radioschaffende eine Sendung. Betroffene, Angehörige und Profis thematisieren zusammen die Psychiatrie am Radio und treten mit ihren Erfahrungen und Haltungen an die Öffentlichkeit. Zudem berichten sie in Kolumnen, Beiträgen und Reportagen über ganz unterschiedliche Themen, die sie ihrem Publikum näher bringen möchten.

Radio loco-motivo beider Basel trifft sich jeden Donnerstag in den Räumlichkeiten von Radio X. Zehn Redaktorinnen und Redaktoren erarbeiten dort Themen, planen Interviews, produzieren ihre Beiträge und tauschen sich zu den Live-Sendungen aus. Diese Treffen im Studio schaffen ausserdem Begegnung: Die Redaktion kann hier ihre Interview-Gäste empfangen und trifft auch auf Sendungsmacher/innen anderer Redaktionen.

Ein Projekt der Radioschule Klipp+Klang in Zusammenarbeit mit den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel UPK, der Psychiatrie Baselland PBL, dem Gesundheitsdepartement Kanton Basel Stadt und der Stiftung Rheinleben

OnAir

Am 2. Donnerstag des Monats von 18 - 19 Uhr auf Radio X.

Wiederholung jeweils am folgenden Samstag 13 - 14 Uhr. 

Sendreihe

Am 13. April 2017 ging die erste Sendung von Radio loco-motivo beider Basel über den Äther. Die ersten Sendungen wurden vorproduziert, seit Oktober 2017 heisst es jeden zweiten Donnerstag live on Air: «Dir loosed Radio loco-motivo uf Radio X!» In der Schweiz gibt es vier Redaktionsgruppen von Radio loco-motivo: Bern, Winterthur, Solothurn und Radio loco-motivo beider Basel.

Jahresbericht Radio loco-motivo beider Basel 2017

Download

Medienmitteilung vom 4. April 2018: Ein Jahr Radio loco-motivo beider Basel

Download

Medienmitteilung vom 8. April 2017: Erste Sendung auf Radio X

Download

Homepagelink
Gsund: Krankheit als Chance Teil 2
Videolink
Illustration Schwarz-Weiss: Zwei Sklaven tragen einen Stock, woran eine Hängematte hängt.

Die Rolle der Basler Mission in Abokobi, Ghana

Der in Basel lehrende Historiker Ernest Sewordor stammt aus dem kleinen Dorf Abokobi in Ghana, wo die Basler Mission im Jahr 1828 einen Standort aufgebaut hatte. Missionsbeauftragte in Abokobi schickten während ihrer Tätigkeit Berichte, Fotos und Bilanzen nach Basel, die heute im Archiv der Mission 21 aufbewahrt werden. Ernest Sewordor kam anlässlich unserer Sendereihe Schwarz/Weiss zum ersten Mal ins Gespräch mit der Mission 21-Mitarbeiterin Claudia Buess und dem Archivar Patrick Moser. von Janina Labhardt

23.05.04 Schwarz-weiss Rolle der Basler Mission

Schwarz-Weiss

Drei Menschen stehen im Gespräch und lächeln
Ernest Sewordor, Patrick Moser und Claudia Buess in der Mission 21 (v.l.n.r.) © Janina Labhardt

Im Archiv der Mission 21 präsentiert der Archivar Patrick Moser historische Dokumente aus Abokobi, die aus den Jahren 1828 bis 1914/16 stammen. Diese sind in der alten deutschen Handschrift nur schwer zu entziffern. Die Sammlung umfasst ca. 100'000 Schriftdokumente, Fotografien und skizzierte Stadtpläne, die von der Goldküste (heutiges Ghana) nach Basel geschickt worden sind und umgekehrt. 

Ernest Sewordor betont, dass die Forschungsarbeit mit diesen Zeitdokumenten eine Reduktion bedeute. Er als Historiker könne damit nur liminiert arbeiten: Die Lesbarkeit sei selbst mit modernen Decodier- und Übersetzungsmethoden kaum möglich. Claudia Buess schliesst sich an, dass auch für sie die Verständlichkeit der altdeutschen Dokumente schwierig sei. Darüber hinaus sei die Berichterstattung nur die Perspektive nur von Missionaren. Ein grosser Teil der Betroffenen sei nicht repräsentiert.

ein historischen Stadtplan mit unleserlicher Handschrift auf gelblichem Papier
Situationsplan von Abokobi, historische Karte 1856 - 1875 ©Archiv der Basler Mission, Referenz: D-31.4,2#02

Der handgeschriebene Situationplan auf gelben Papier deutet eine Schule, ein Strassennetz und das Missionshaus in Abokobi an. Das würde ihn direkt nach Hause beamen, sagt Ernest Sewordor. Heute sähe das Dorf noch ähnlich aus. Zwar habe er nie die auf dem Plan eingezeichnete Missionsschule besucht, könne sich aber leicht mit dieser Skizze zurechtfinden.

Claudia Buess findet es verblüffend, dass heute noch ein Mensch aus Abokobi selbst 200 Jahre nach der Erstellung dieses Plans sein Dorf erkenne.

Historische Aufnahme von fünf Männern an einem Tisch, die aufgeschlagene Bücher vor sich haben. Die vorderen drei Figuren haben schwarze Haus, am Tischende sitzen Weisse.
Bibelübersetzung auf Ga und Twi in Abokobi ©Archiv der Basler Mission, Referenz: QD-30.004.0015

Die Bibel übersetzten damals die Kirchenbeauftragten auf Ga und Twi, zwei Sprachen in Ghana. Neben Missionsbeauftragten aus Basel waren auch lokale Pastoren dafür zuständig. Ernest Sewordor bemerkt, dass er eindeutig den Raum erkenne, der heutzutage noch im Missionshaus in Abokobi zugänglich sei.

Es sei wichtig, so Ernest Sewordor, dass neben der Tätigkeit der fünf Männer auf dem Foto auch auf die Metaebene geachtet werden würde: Am Tischkopf würden die machtvollen Weissen sitzen. Der grassierende Rassismus damals sei enorm ausgeprägt gewesen. 

Carl Christian Reindorf, der Pastor rechts im Bild, hat eine Schrift verfasst, die rassistische und entwürdigende Beschreibungen der Afrikaner:innen beinhaltet. Ernest Sewordor versucht als Historiker, eine abstrakte Distanz davon zu bewahren. Für ihn sei die gewaltvolle erniedrigende Schrift, mit der sich C. C. Reindorf gegen seine eigenen Landleute wendet, schwer nachvollziehbar. Claudia Buess bekräftigt, dass diese Überheblichkeit der Weissen wichtig für die heutige Rassismus-Debatte sei. Es sei ein gesellschaftliches Erbe, das wir aus dieser Missionszeit - zum Beispiel anhand solcher Schriften -  in uns tragen würden. Diese Aufarbeitung behandelt unter anderem Claudia Buess in Webinar-Gesprächsrunden der Mission 21.

 

eine historische Fotografie einer grossen Kirche, davor posieren Menschen
Kirche von Abokobi, Aufnahme stammt aus den Jahren zwischen 1890 und 1917 ©Archiv der Basler Mission, Referenz: QD-30.004.0014

Gegen Ende der Gesprächs in der Mission 21 appelliert Ernest Sewordor für die Selbstverantwortung der Menschen in Ghana. Zwar sei das Dorf Abokobi während der Basler Mission von weissen Christ:innen stark dominiert worden, allerdings seien die zeitgenössischen Standards in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur nicht nur auf das Erbe der europäischen Mission zurückzuführen.

Wir müssten achtsam die Vergangenheit aufarbeiten und historisch auswerten, sagt Ernest Sewordor. Aus dieser Faktenlage könne man positive Züge für die Zukunft ziehen.

Claudia Buess möchte, dass die Nuancen gesehen werden: Es gab zwar viel Rassismus und Ungerechtigkeiten während der Missionszeit in Ghana. Aber für sie sei es schön zu hören, dass nicht alles negativ sei, was Basel nach Abokobi gebracht hat.

Gruppenfoto einer Abschlussklasse von jungen Schwarzen Frauen und drei Weissen
Eine Aufnahme von Ernest Sewordors Grossmutter Grace Ayorkor Acquah: Die Abschlussklasse des Krobo Womens’ Training College in Odumase, Ghana, 1953. Grace Ayorkor Acquah, die heute noch in Abokobi lebt, sitzt auf dem Bild in der Mitte, 4. von rechts ©privat zVg Grace Ayorkor Acquah