Schwarz/Weiss 2023

 

Schwarz/Weiss ist das Radio X-Format, welches sich mit den Beziehungen Basels mit Afrika auseinandersetzt. Die sechste Ausgabe widmet sich der Basler Kolonialgeschichte, der Basler Rolle im Sklavenhandel und den aktuellen Diskursen zu Restitution und Wiedergutmachung. Ein breit aufgestelltes Team – unter ihnen der Musiker Manuel Gagneux und eine grosse Zahl von Gästen ermöglicht die hintergründige Sendereihe, welche auch als Podcast angeboten wird. Start ist am 11. März.

“Stadt der Profiteure“ titelte unlängst das deutsche Magazin Geo – und meinte damit Basel, welches als Handelsstadt einen Teil seines Reichtums dem aktiven Mittun im Sklavenhandel verdankt. Davon zeugen die herrschaftlichen Sitze hoch über dem Rhein, die heute, wie das Blaue Haus, der Verwaltung dienen. Doch gibt es nicht nur steinerne Zeugen, sondern auch Nachkommen jener Familien. Zu ihnen gehört u.a. Leonhardt Burckhardt, Basler Politiker und Professor an der Universität, der auf Radio X sehr persönlich Auskunft über diese Erbschaft gibt.

Ganz unterschiedliche Familiengeschichten und damit ganz unterschiedliche Sichtweisen bringen die Basler Autoren Martin R. Dean und Nicolas Ryhiner mit ihren Werken „Meine Väter“ und „Im Surinam“ zum Ausdruck; sie treffen in einem Gespräch aufeinander.

Zum Stand der Geschichtsforschung geben die Historiker:innen Susanna Burghartz und André Salvisberg von Stadt.Geschichte.Basel Auskunft. Weitere Ausgaben von Schwarz/Weiss – Basler Kolonialgeschichte beschäftigen sich mit den Sammlungen der Basler Museen, der Qualität der aktuellen Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika, und dem Blick, der von dort auf Basel geworfen wird.

Zwei versklavte Menschen tragen einen Menschen mit Hut in einer Hängematte
Illustration von Sade Titilayo Hannah Fink

Sendungen vom 11. März bis 3. Juni 2023

Die Schwarz/Weiss-Sendungen sind in folgende Schwerpunkte unterteilt: 

 

1. Auftakt-Sendung: HörboX am 11. März (Wiederholung am 12. März)

2. Familiengeschichten mit kolonialem Hintergrund: Beitrag am 16. März

3. Der Basler Sklavenhandel: Beitrag am 23. März

4. Was findet sich in den Archiven?: Beitrag am 30. März

5. Gespräche mit Basler Familien: Beitrag am 6. April

6. Sammlungsprovenienzen & Benin Initiative Schweiz: Beitrag am 13. April

7. Heutige kulturelle Blicke und Austausch: Beitrag am 27. April

8. Rolle der Basler Mission: Beitrag am 4. Mai

9. Basels Handel heute: Beitrag am 11. Mai

10. Der Blick von Afrika auf Basel: Beitrag am 18. Mai

11. Brennpunkte und Forderungen der Gegenwart: Beitrag am 25. Mai

12. Schlussveranstaltung: HörboX am 3. Juni (Wiederholung am 4. Juni)

Illustration von schemenhaften Figuren im Vordergrund, eine versklavte Frau und ein machtvoller Mann
Illustrationen von Sade Titilayo Hannah Fink

Projektteam, Kooperationen und finanzielle Unterstützung

 

Seitens Radio X sind Thomas Jenny, Danielle Bürgin, Janina Labhardt, Claire Micallef, Michaela Liechti, Mirco Kämpf und Paul von Rosen als Redaktionsteam unterwegs. Moderatorin ist Elisa Da Costa, Master-Studentin African Studies.

Das Artwork besorgte die Basler Künstlerin Sade Titilayo Hannah Fink, die Textildesign und Modedesign im Bachelor an der FHNW/HGK in Basel abschloss und nun Kunst & Vermittlung studiert.

Das Soundlayout zur Sendereihe wurde von Musiker Manuel Gagneux komponiert, dessen international gefeierte Band Zeal & Ardor das Thema musikalisch spiegelt.

Mit der freundlichen Unterstützung der Bürgergemeinde der Stadt Basel und der eidgenössischen Fachstelle für Rassismusbekämpfung.

 

 

seyda kurt

Love is the answer to everything! Ähh ja gut…

In «Radikale Zärtlichkeit» arbeitet sich Şeyda Kurt, getrieben von einem Unbehagen, leidenschaftlich an der romantischen Liebe ab. Diese kritische Auseinandersetzung mit Kerzenscheinromantik, Happy End und Co. tut dabei nicht nur gut – Das Buch startet vor allem auch eine Diskussion, die vielleicht schon längst überfällig ist. von Julia Brogli

22.01.02 Radikale Zärtlichkeit - Rezension

Rezension zu dem Buch "Radikale Zärtlichkeit" von Seyda Kurt

In «Radikale Zärtlichkeit» beschreibt Şeyda Kurt unter anderem wie Dominanzkulturen das standardisierte Bild der romantischen Zweierbeziehung entstehen liessen und es bis heute erfolgreich aufrecht halten. Denn Şeyda ist sich sicher: Die Art wie wir Liebe ausleben und ist keines natürlichen Ursprungs. Viel eher glaubt sie an eine Vielfalt der Bedürfnisse und Zärtlichkeiten, die unterdrückt und vereinheitlicht werden würden.

«Ich behaupte, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der mächtige Institutionen, Gesetze und das zirkulierende kollektive Wissen unermüdlich daran arbeiten, manche Wahrheiten aufrechtzuerhalten. Auch die Wahrheiten der Liebe. Es sind Wahrheiten, die über unsere Körper herrschen sollen und in ihrem Kern von patriarchalen, rassistischen und kapitalistischen Logiken zusammengehalten werden.»

Die Autorin ist dabei stets sehr deutlich. Sie trifft Aussagen und belegt diese. Sie forscht und hinterfragt, argumentiert und kritisiert – und sie fordert vor allem auch Alternativen. Sie fordert eine radikale Veränderung. Sie fordert «radikale Zärtlichkeit».

«Das Ziel kann nicht einfach nur Zärtlichkeit sein. Ich will konsequenter denken. Es muss um radikale Zärtlichkeit gehen. Ich verstehe radikale Zärtlichkeit als ein Programm der Gerechtigkeit. Eine Gerechtigkeit der Zärtlichkeit in der eigenen Beziehung, den scheinbar privatesten Spielräumen und darüber hinaus, gibt es nur, wenn sie für alle gilt.»

«Radikale Zärtlichkeit» ist dabei keinesfalls ein Ratgeber. Es geht Şeyda nicht darum, aufzuzeigen, wie man «glücklichere, freiere Beziehungen» haben kann oder so. «Dieses Buch wird weder Beziehungstipps liefern, noch einfache Lösungen. Şeyda geht es um weitaus mehr. Sie möchte eine ganzheitliche, gesamtgesellschaftliche Veränderung. Und sie ist sich sicher, eine gerechtere Welt wird nicht möglich sein, solange wir nicht lernen, gerechtere Beziehungen zu führen. Denn Beziehungen seien immer auch ein Abbild der Gesellschaft und deren Normen und somit politisch.

«Es geht um die Gleichzeitigkeit von Fairness und im Privaten und Gerechtigkeit im Politischen. Und darum, dass diese Grenzziehungen irgendwann nicht mehr notwendig sind.»

«Radikale Zärtlichkeit» ist ein Handreichen an all jene, bei denen die gesellschaftlichen Vorstellungen von «wahrer Liebe» auch schon Gefühle der Beklemmung ausgelöst haben. Und für alle anderen ebenso. Denn lohnt es sich nicht immer, festgefahrene Strukturen zu überdenken und von einer anderen Perspektive zu beleuchten – zu hinterfragen wieso eigentlich etwas so ist, wie es ist. Zu hinterfragen, welche Schattenseiten ein solches Konstrukt vielleicht auch mit sich bringt und wer am Ende davon profitiert und wen es benachteiligt…

Şeyda Kurt ist 29 Jahre alt. Sie hat unteranderem Kulturjournalistik, Romanistik und Philosophie studiert, mittlerweile lebt sie in Berlin und arbeitet als Journalistin, Moderatorin und Autorin. «Radikale Zärtlichkeit» erschien 2021 beim HarperCollins Verlag. Es handelt sich hierbei um ihr erster Roman.