Feministisches Streikradio am 14. Juni

14. Juni 2019: Violette Banner hingen von den Fenstern, die Haare waren violett gefärbt und die violetten Shirts übergestreift. Über eine halbe Millione Menschen haben am feministischen Streiktag für ihre Rechte die Schweizer Strassen eingenommen. Mittendrin: Der Zusammenschluss von Community-Radios, die live vom Tag berichteten. Und nun heisst es, auch für uns, time for the next round!

Am 14. Juni spannen Vertreter:innen von Community-Radios in Basel, Aarau, Bern, Chiasso, Genf, Schaffhausen, Winterthur und Zürich zusammen, um dem Feministischen Streik eine laute FINTA*-Stimme zu verleihen! Ab Mitternacht kapern wir die Sendungen und senden während 24 Stunden ein gemeinsames Spezialprogramm auf den Frequenzen der beteiligten Radios: das Feministische Streikradio

In über zehn Sprachen von Deutsch über Französisch bis Arabisch hörst du Interviews und Beiträge zu Themen wie tiefe Löhne in Frauenberufen, sexualisierte Gewalt, Gendermedizin oder Frauenrechte im Mittleren Osten. Und obviously wird während diesen 24 Stunden nur Musik von FINTA* Personen gespielt. Zwischen 11:00 Uhr und 22:00 Uhr verlagern wir uns auf den Bundesplatz in Bern und senden live aus dem Sendebus vom Feministischen Streik, übertragen Reden und Konzerte und fühlen mit Schaltungen in verschiedene Regionen der Schweiz dem nationalen Streik auf den Puls. Moderiert wird das Radioprogramm von Sendungsmachenden der beteiligten Radios und weiteren Freiwilligen aus der Medienbranche.

Projektleitung für Radio X: Claire Micallef

 

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Die Beiträge und Reden zum Nachhören

Gericht im Ausstand: Befangenheit bei den Basel Nazifrei-Prozessen

Das Appellationsgericht Basel schickt sieben Strafrichter:innen in den Ausstand. Sie erwecken den Anschein von Befangenheit in den Basel Nazifrei-Prozessen. Radio X spricht mit dem Verteidiger Andreas Noll und dem ehemaligen Strafrichter Peter Albrecht.   von Ben Haab

24.05.08 Gericht im Ausstand

Das Appellationsgericht Basel schickt sieben Strafrichter:innen in den Ausstand. Sie erwecken im Fall Basel Nazifrei den Anschein von Befangenheit.

Das Appellations-Gericht habe mutig entschieden, als es sieben Richter:innen in den Ausstand geschickt habe wegen des Verdachts auf Befangenheit, meint Andreas Noll, einer der Anwält:innen der Kläger:innen. Doch von vorne, worum geht es?

2018 demonstrierten in Basel 2000 Menschen gegen die rechtsextreme Partei Pnos. Die Demonstration eskalierte und es flogen Steine. Im Nachhinein zeigten Videoaufnahmen, dass es die Polizei war, welche die Eskalation provozierte. Mit Gummischrot schoss sie in die Menge – als Ablenkungsmanöver, um die Rechtsextremen vom Platz zu führen. Zum Zeitpunkt, als das Video, das die Eskalation dokumentiert, publik wurde, liefen bereits diverse Verfahren gegen Demonstrierende, die sich gegen die Pnos versammelt hatten.

Vom BAZ-Interview…

Ein Urteil löste ein besonderes Medienecho aus. Der Richter René Ernst sprach für eine junge Frau, die nachweislich nur an der Demonstration teilgenommen hatte, eine Strafe von 8 Monaten unbedingt aus. Dieses Urteil wurde als zu hart kritisiert, unter anderem vom emeritierten Strafrechtsprofessor und ehemaligen Richter Peter Albrecht, der auch in diesem Beitrag zu hören ist. René Ernst rechtfertigte das Urteil darauf hin öffentlich in einem Interview in der BAZ. Die aussergewöhnliche Aktion – Richter:innen begründen ihre Urteile nur schriftlich, am Ende eines Prozesses – sollte ein juristisches Nachspiel haben. Die Verteidiger:innen ziehen vor das Appellationsgericht, um die Richter:innen des Strafgerichts in den Ausstand zu schicken. Der Vorwurf: Befangenheit. Da René Ernst die Demonstration insgesamt beurteilt habe und nicht nur den spezifischen Fall und da noch diverse weitere Verfahren hängig seien, könnten die übrigen Richter:innen nicht mehr unbefangen urteilen. Vor dem Appellationsgericht blitzten die Verteidiger:innen zuerst ab. Erst ein Urteil des Bundesgerichts zwang das Appellationsgericht, sich dem Fall anzunehmen und die Frage zu klären, ob die Richter:innen befangen seien.

… zum Protokoll der internen Absprache

Bei dieser Untersuchung bestätigte sich ein Verdacht, der schon länger gehegt wurde: Die Richter:innen haben sich intern abgesprochen. Im Frühling 2021 machte die Wochenzeitung bereits interne E-Mails publik, die auf interne Absprachen hindeuteten. Der Richter René Ernst stritt jedoch immer ab, dass diese über kurze Gespräche am Kaffeeautomaten hinausgegangen seien. Im Sommer 2023 reichte das Strafgericht dann allerdings ein 12 Seiten langes Protokoll beim Appellationsgericht Basel ein, das eine Sitzung dokumentiert, in dem die 7 Richter:innen sich auf eine gemeinsame Linie einigten. Auch darüber, dieses Protokoll einzureichen, scheint es Absprachen gegeben zu haben, wie der Verteidiger Andreas Noll im Gespräch mit Radio X erklärt. Für den ehemaligen Richter Peter Albrecht scheint es klar, dass man versucht habe, diese Absprachen zu vertuschen. Er hofft, dass das Strafgericht aus dieser „Dummheit“ etwas lerne und künftig die rechtsstaatliche Sensibilität an den Tag legt, die man von Strafrichter:innen eigentlich erwarten könnte.

Ist der Justizskandal damit beendet?

Die Prozesse rund um die Basel Nazifrei Demonstration von 2018 werden die Justiz weiter beschäftigen. Wie lange sie noch dauern werden, lässt sich noch nicht sagen, meint Andreas Noll. Auch ist das Urteil noch nicht rechtskräftig und könnte theoretisch von beiden Seiten noch angefochten werden. Mit den 7 Richter:innen im Ausstand verbleiben nur noch 3 Richter:innen am Strafgericht, die im Fall Basel Nazifrei nicht den Anschein von Befangenheit erwecken. Die Verteidigung strebte aufgrund der persönlich-beruflichen Nähe der verbleibenden drei zu den befangenen Richter:innen eine ausserkantonale Abwicklung der Prozesse an. Dieser Forderung ist das Strafgericht nicht nachgekommen.

Dass das 12-seitige Protokoll der internen Absprache der Richter:innen erst nach dem Urteil vom Bundesgericht beim Appellationsgericht eingereicht wurde, wirft nicht das beste Licht auf das Basler Strafgericht. Bestehen bleibt auch die Frage, ob die verbleibenden drei Richter:innen noch mit der notwendigen Unabhängigkeit an die Basel Nazifrei-Fälle gehen können. Hängig ist darüber hinaus eine ausserkantonale Untersuchung gegen die Basler Staatsanwaltschaft, wegen Beweismittelmanipulation. Ganz ist der Basler Justizskandal mit dem Ausstand der möglicherweise befangenen Richter:innen also noch nicht vom Tisch.

Die Playlist des Feministischen Streikradios