Woche gegen Rassismus 2019

Sans Papiers: "Nein zu Rassismus! - Ja zur Regularisierung"

Am vergangenen Samstag riefen die Sans-Papiers-Kollektive Basel zur Demo gegen Rassismus auf und mehrere hundert Menschen schlossen sich den Gesängen und Forderungen an. Sie wünschen sich mehr Aufmerksamkeit und fordern einen strukturellen Wandel - auch in der Politk. von Mirco Kaempf

24.03.21 Sans Papiers Demo

Am vergangenen Samstag organisierten die Sans Papiers Kollektive Basel einen Demonstrationszug "Nein zu Rassismus, Ja zur Regularisierung". Ihr hört Stimmen und Stimmungen

Sans-Papiers sind Migrant:innen, Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus. Menschen, die aus verschiedenen Gründen versuchen, anderswo ein Leben aufzubauen. Um das zu tun, arbeiten sie. Sie leisten, man nennt es, Schwarzarbeit. Oft als Hilfskräfte in privaten Haushalten, in der Gastronomie, im Hotelgewerbe, im Baugewerbe oder in der Landwirtschaft. Sie arbeiten als billige Arbeitskraft und leben in der Illegalität. Das bedeutet auch, dass sie in Angst leben, abgeschoben zu werden. Sie nehmen Arbeit an, die oft prekär ist. Schlecht bezahlt wird. Ausgebeutet wird - erzählt uns eine Person vom portugiesisch-sprachigen Sans-Papiers Kollektiv Basel:

"Da wir nicht über eine Regularisierung verfügen werden uns viele Rechte verwehrt. Wir werden nicht bezahlt oder schlecht bezahlt, verdienen weniger als andere Menschen die genau die gleiche Arbeit machen. Unsere Prekarisierung wird ausgenutzt [...] Deswegen bin ich der Meinung: ja, wir können von moderner Sklaverei sprechen."

Die Gründe, warum sich jemand entscheidet, ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz zu leben, sind unterschiedlich. Viele kommen aus einer Notlage heraus und suchen Arbeit im Niedriglohnsegment. Arbeit, für die die Schweiz  keine Arbeitsbewilligungen für Arbeitsmigrant:innen aus Drittstaaten vergibt. Das Sans-Papiers Aufstelle in Basel setzt das in einen grösseren Kontext und schreibt:

"Es ist kein Zufall, dass viele Menschen in der Schweiz als Sans-Papiers leben. Die Situation ergibt sich direkt aus der Verbindung von Wirtschaftspolitik und Migrationspolitik. Die kapitalistische Wirtschaft begünstigt den globalen Norden auf Kosten des globalen Südens und vergrößert so strukturell die Armut im Süden und den Wohlstand im Norden. Auch die Schweiz gehört zu den Profiteur*innen".

Dies zeichnet ein Bild von Sans Papiers, welche zwar gesellschaftsrelevante Arbeit leisten, gesetzlich aber nicht legalisiert werden. Das sind politischen Strukturen, welche Angst schaffen: zum Beispiel bei einer Polizeikontrolle aufgegriffen, mitgenommen und abgeschoben zu werden - Egal, wie viele Jahre man schon seinen Lebensmittelpunkt hier hat. Bei der Sans-Papiers Demo am Samstag war daher auch Polizeigewalt und Racial Profiling ein zentraler Punkt:

"Das waren rassistische Polizei-Kontrollen, aufgrund der Hautfarbe. Es gibt ganz klar keine Menschlichkeit in diesen Kontrollen. Es schmerzt das Herz, wenn man davon erfährt und es braucht dringend eine Veränderung. Jedoch nicht nur hier sondern überall. Es kann nicht sein, dass Leute nicht rausgehen, sich nicht trauen rauszugehen, sich nicht trauen ein Tram zu nehmen, weil sie Angst haben. Das müssen wir dringend verändern."

Dass Racial Profiling in Basel statt findet, wird von der Kantonspolizei verneint (siehe auch unseren Beitrag vom Samstag 23. März). Und dennoch fallen Medienmitteilungen wie diese vom 8. März 2024 auf:

"Die Schwerpunktaktion zur Bekämpfung von Gewalt-, Betäubungsmittel- und Vermögensdelikten wird im unteren Kleinbasel mit hoher Frequenz und grossem Personalaufwand durchgeführt.[…] Erfahrungsgemäss ist der Anteil nord- und westafrikanischer Staatsangehöriger bei derartigen Delikten im unteren Kleinbasel hoch, weshalb auch das Migrationsamt Basel-Stadt eng in die Schwerpunktaktion eingebunden ist."

ein grünes schild mit schwarzem druck der sans papiers kollektive

Die Ausländer- und Integrationsgesetzgebung sowie das Asylgesetz sehen vor, dass ausländische Personen eine Aufenthaltsbewilligung erhalten, wenn bestimmte Sachverhalte vorliegen. Wenn zum Beispiel die betroffene Person seit über 10 Jahren in der Schweiz lebt, keine Schulden hat, Kinder in der Schule oder eine Lehrstelle hat, kann die sogenannte Härtefallpraxis greifen. Nach einer Motion des Grossen Rates 2017 wurde auch ein Basel eine liberalere Praxis bei der Prüfung dieser Gesuche gefordert. Wo der Kanton Genf im selben Jahr solche Schritte auch mit dem Projekt Papyrus eingeleitet hat, ist eine Liberalisierung des Prozesses laut Anlaufstelle Sans Papiers Basel hier aber ausgeblieben (siehe auch Interpellation von 2021). Die Zahlen vom Staatssekretariat für Migration SEM zum Vergleich: in Genf wurden letztes Jahr 905 Personen regularisiert, in Basel 3 Personen. Lest hierzu auch die Forderungen im Quartalsbulletin der Sans Papiers Kollektive Basel.

Die Woche

Lesungen, Theater, Diskussion, Musik, Ausstellungen und vieles mehr: Die Woche gegen Rassismus 2019 in Basel bietet ein vielfältiges Programm, sie findet statt von: Montag, 18. März bis Sonntag, 24. März 2019

Radio X setzt in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Organisationen und Beteiligten ein Zeichen gegen Rassismus und andere Formen von Diskriminierung. Ziel ist es, die lokale Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren und gemeinsam in einen Dialog zu treten.

Während der ganzen Woche strahlt Radio X jeweils um 11:30 Uhr und um 16:30 Uhr thematische Beiträge aus.

Flyer Woche gegen Rassismus in Basel 2019

Medienmitteilung Woche gegen Rassismus 18.-24.3.19 mit Programm

 

 
Das Programm


Montag, 18. März 2019

Forumtheater "Sans Frontières" - Ein interaktiver Theaterabend zum Thema Diskriminierung und Rassismus. 

19.30 Uhr, KLARA (Clarastrasse 13)

Eintritt frei. 

 

Dienstag, 19. März 2019

Uni von unten: «Alltäglicher Ausnahmezustand: Racial Profiling in der Schweiz» mit Mohamed Wa Baile, Sarah Schilliger und Claudia Wilopo

19 Uhr, Internetcafé Planet 13 (Klybeckstrasse 60, 4057 Basel)

Eintritt frei.

 

Mittwoch, 20. März 2019

Liveübertragung Radio X, mit Interviews live vor Ort: Abendschule Import, Bla*ShTheater Niemandsland, Kulinarisches von Schnaboule Schnaboule und Musik zum Thema «Migration und Musik» mit Leila Moon.

17-22 Uhr, Keck Kiosk (Kaserne)

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Donnerstag, 21. März 2019

Podiumsdiskussion «Racial Profiling» mit szenischen Sequenzen des Theaters Niemandsland.

Auf dem Podium: Michel Hostettler (Community Policing Kleinbasel), Tobias Burkhard (Ausbildungsleiter KaPo BS), Nahom Mehret (Schweizer, geb. in Eritrea), Yvonne Apiyo Brändle-Amolo (SP Politikerin Zürich, Künstlerin).

Moderation: Bernard Senn, SRF

Mit dabei: BastA!, STOPP Rassismus u.a.

19 Uhr, Offene Kirche Elisabethen

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Freitag, 22. März 2019

Bla*Sh, Legion Seven, Brandy Butler (CH)

Mehrstimmige Lesung, Performance, Konzert, Büchertisch

19 Uhr (Doors: 18.30 Uhr), Rossstall II, Kaserne Basel

Eintritt frei.

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Samstag, 23. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien

The tour will take place in English and is free of charge. Reservations are requested but not required. 

14 Uhr, meeting point: at the pyramides in front of the Offene Kirche Elisabethen

 

Offener Hörsaal: Interaktiver Parcours**, über Hürden und Weichen auf dem schweizerischen Bildungsweg

16.00-18.30 Uhr, Foyer Junges Theater Basel

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr 

Input: Wie die Schweiz Migrant*innen 2019 isoliert und verwaltet.

20 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

 

Sonntag, 24. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien auf Deutsch

14 Uhr, Treffpunkt: Pyramiden-Platz (Elisabethenstrasse)

Reservierung erbeten, aber nicht zwingend erforderlich.

Eintritt frei.

 

 

Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Neustrukturierung des Asylverfahrens und der Einführung der Bundeslager in der Schweiz. Mit der sogenannten Beschleunigung der Verfahren sollen Menschen effizienter verwaltet und ausgeschafft werden. Dafür nimmt das Staatssekretariat für Migration (SEM) Bundeslager in Betrieb, welche nicht nur die Unterbringung, sondern auch das gesamte Verfahren unter einem Dach zentralisieren und vereinheitlichen. Diese Praxis isoliert die betroffenen Menschen noch stärker vom Rest der Gesellschaft und lässt noch weniger Raum zur Selbstbestimmung. Um die Lagerpolitik umzusetzen, baut der Staat auf die Mitarbeit von Privatfirmen und NGOs.

 

** Bildungsparcours: Sprichst Du ausreichend Deutsch, um in der Schule mitzukommen? Wirst Du bei/auf deinem Bildungsweg unterstützt? Entsprichst Du den Bewertungskriterien des Schulsystems? Reicht das Geld für eine Ausbildung? Bringst Du die geforderten/nötigen Dokumente mit, um eine Ausbildung zu beginnen? Haben alle Menschen in der Schweiz dieselben Chancen auf Bildung? In einem interaktiven Parcours erfährst Du, welche Weichen gestellt werden und welche Hürden es zu überwinden gibt auf dem schweizerischen Bildungsweg. Ähnlich einem Leiter-Spiel, wirst Du, ausgestattet mit einer neuen Identität, unterschiedliche Aufgaben lösen, um Stufe für Stufe deinem Ziel näherzukommen.

 
Ausstrahlungstermine

 

Montag 18.3. - Sonntag, 24.3.19, täglich um 11.30 h (Wdh. 16.30 h)

Redaktionelle Beiträge auf Radio X zu diversen Themen in der Woche gegen Rassismus

u.a. mit FIASKO und STOPP Rassismus

 

Donnerstag 21.3., 18 h  & Samstag 23.3.19, 13 h

Sendung X-Plus von Schüler/innen der FMS Münchenstein

 

Samstag 23.3., 16 h & Sonntag 24.3.19, 10 h

Ausstrahlung der Podiumsdiskussion zu "Racial Profiling" vom Donnerstag 21.3.19 in der Offenen Kirche Elisabethen

Kontakt

tatiana.vieira@radiox.ch

rebecca.haeusel@radiox.ch

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Die Woche gegen Rassismus wird unterstützt durch:

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