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Album der Woche: Flower Burial von Gyrofield

Die 23-jährige Künstlerin Gyrofield hat sich in den letzten Jahren einen Namen als neues Wunderkind des aktuellen Drum ’n’ Bass gemacht. Mit ihrem neuen Album reist sie jedoch in Welten, in denen die Erzeugung von Emotionen im Vordergrund stehen. Anstatt Tanzbarkeit nimmt sich nun die Freiheit, weitere Stimmungen zu erkunden. Statt Drum ’n’ Bass sind die Einflüsse diesmal Ambient, Techno, Acid Jazz und jede Menge melodramatische Mystik. von Dion Monti

24.12.23-Gyrofield-flower burial-ADW Podcast.mp3

Das Album von Gyrofield via Best intentions

Anfang des Jahres haben wir das Album ‘A Faint Glow of Bravery’ der Produzentin ‘Gyrofield’ vorgestellt. Die in Bristol lebende, 23-jährige Künstlerin aus Hongkong hat sich in den letzten Jahren schnell einen Namen als neues Wunderkind des aktuellen Drum ’n’ Bass gemacht – und das aus gutem Grund. 

Sie hat bereits auf vielen bedeutenden Labels wie XL Recordings, Metalheadz und Vision veröffentlicht. Online ist sie auf ihrem Discord-Kanal sehr aktiv und spricht regelmässig über ihre Produktions-, Misch- und Mastering-Techniken, die sie ebenfalls in sehr jungem Alter gemeistert hat. 

Wenn eine Künstlerin in so jungen Jahren schon so viel erreicht und ein solches Verständnis für ihr Handwerk zeigt, ist es umso spannender zu beobachten, wie sich ihre Karriere entwickelt. 

Was aber schon seit einigen Jahren sichtbar ist, ist, dass Gyrofield zwar eine Meisterin des Drum ’n’ Bass ist, aber auch breitere Interessen und Fähigkeiten besitzt. Mit ihrem Mini-Album ‘All of Meaning’ von 2020 hat sie bereits Ambient erforscht, damals war jedoch ein Mangel an Reife und Erfahrung spürbar. 

Mit ihrem neuen Album ‘Flower Burial’ verlässt sie Drum ’n’ Bass fast vollständig, bringt dafür aber vier Jahre mehr Erfahrung mit. Flower Burial ist rhythmisch weniger dicht als vorherige Veröffentlichungen, es atmet mehr, ist stimmungsvoller und konzentriert sich stärker auf den Klang einzelner Melodien und Klangelementen. Es kann einem schwer fallen klar zu sagen, welchem Genre es genau zuzuordnen ist, aber Gyrofield beschreibt es auf Bandcamp folgendermassen: 

"Flower Burial vereint Einflüsse aus House, Techno, Ambient und Acid Jazz vor einem Hintergrund aus unklarer, melodramatischer Mystik.“ 

Der erste Song, der wie das Album selbst heißt, erinnert in seinem Sound-Design an Dub oder Dub Techno, erzeugt aber auch einen electro-inspirierten Beat, der von Anfang bis Ende in einem rhythmischen Echo gebadet ist. 

Der anschließende Song ‘Cordyceps’ hat kaum noch einen Beat und fokussiert sich stärker auf Melodien, Texturen und eine mysteriös-verträumte Stimmung. 

Mit dem dritten Song, ‘Nymph’, gelangen wir in albtraumhafte Welten. Anstatt mit komplexen oder schnellen Beats zu arbeiten, verwendet Die Küstlerin hier einen nervösen, nach einem Bienschwarm klingenden Synthesizer, der permanent von links nach rechts schwingt, und eine Stimme, die beinahe bedrohlich, aber flüsternd zur Berührung auffordert. Ein Song, der gleichermassen faszinierend wie unangenehm ist. 

Im sechsten Song, ‘Blood Clot’, stehen erneut Stimmung und die Erzeugung von Emotionen im Vordergrund, anstatt Tanzbarkeit. Es wirkt, als hätte sich ‘Gyrofield’ mit diesem Album die Freiheit genommen, weitere stimmungsvolle Räume zu erkunden. Mit den neuen Liedern hat sie die Schlüssel geschaffen, um in diese Räume einzutreten. 

‘Like Lilak Dove’, der letzte Song des Albums, gehört ebenfalls in diese Kategorie. Hier hören wir hoffnungsvolle Noten und klare Jazz-Einflüsse. Plötzlich befinden wir uns in der cineastischen Welt elektronischer Musik, die sonst von Künstlern wie ‘Amon Tobin’ oder ‘Trentemøller’ besetzt wird. 

Wie zu Beginn erwähnt, ist es besonders spannend, die Entwicklung von Künstler*innen zu verfolgen, die neugierig und mutig neue Welten erkunden – und dies ohne Zögern tun. Gyrofield ist genau ein solches Talent und verdient jede Aufmerksamkeit.