Album der Woche: Dirty Clothes von Batbait
Batbait gehen mit Babysteps head first through the wall. Mit ihrem nun erschienenen Debütalbum spielen sich die Zürcher Garage Rocker:innen unverblümt und nonchalant direkt in unsere Herzen. von Mirco Kaempf
Album der Woche - Batbait - Dirty Clothes
Die Zürcher:innen Garage Band Batbait veröffentlichen ihr heiss ersehntes Debütalbum Dirty Clothes via Irascible
Das Debütalbum von Batbait könnte auch Friendship Music heissen. Denn was die Songs, der Sound und die Band generell ausmacht, sind die Qualitäten einer guten Freund:innenschaft. Miteinander spielen, aufeinander hören, Raum lassen für Entwicklungen und das kreative Potenzial das aufkommt, will gemeinsam die Welt erobert werden. Batbait scheinen dies alles zu praktizieren, wenn sie zusammen im Bandraum Musik machen. Dort entstehen die Songs und dort wurden sie auch aufgenommen. Dabei strotzen die zehn Songs auf Dirty Clothes von einem unverblümten Garage Rock Appeal. Was hier so lässig von der Schulter gespielt wird, hat aber eine Vorgeschichte. Im Interview erzählen uns Gitarristin Gianna Brühwiler und Bassistin Simona Bischof, wie das Album zu Stande kam. Live sehen könnt ihr Batbait am 7. Oktober im Gannet.
Euer Album war ja schon eine Weile fertig und hat nur darauf gewartet, die Welt zu erobern. Ein Song darauf heisst Babysteps. Inwiefern könnte dieser Song auch so was wie die Origin-Story von Batbait sein?
Gianna: Ja könnte tatsächlich so sein. Es geht in diesem Song darum, sich Zeit zu nehmen, aber gleichzeitig auch ein Gegenüber zu haben, welches ein anderes Tempo hat. Es geht darum, Gemeinsamkeiten zu finden, aber auch diesen Clash auszuhalten. Wenns zu schnell oder zu langsam geht oder ob man sich manchmal besser zurückhalten sollte. Es könnte von dem her auch zu unserer Bandgeschichte passen. Wir haben ja am Anfang vor allem nur darüber geredet, eine Band zu gründen.
Ein Baby ist so etwas kleines & feines, das noch keine Ahnung hat, in welche Richtung es gehen soll, aber ihr singt dann trotzdem "I'm going head first through the wall". So kommt mir auch gerade Batbait vor, wenn man euren Festivalsommer betrachtet, dann habt ihr am Sur Le Lac, den Winterthurer Musikfestwochen, dem Palp oder am Nox Orae gespielt. Heisst euer jetziges Konzept einfach: voll drauf los?
Gianna: So wars schon immer. Wir hatten fürs erste Konzert zugesagt, bevor wir überhaupt einen Song fertig gehabt hätten. Dann gings einfach los.
Trotzdem ging es aber doch eine Weile. 2013 hast du dich mit Sandra [Keller] zusammengeschlossen, um eine Band zu gründen. Warum ging es fast zehn Jahre, bis ein Debütalbum rauskam?
Gianna: Lange hatten wir keine Infrastruktur. Lange war es unklar, wer überhaupt welches Instrument spielen soll, weil wir beide Gitarre gespielt haben... Es waren so kleine Hindernisse, die man sich manchmal in den Weg stellen lässt. Es braucht dann einen Anstoss oder eine bewusste Entscheidung, jetzt fangen wir an und dann nehmen wir es ernst.
War das eure erste Band oder hattet ihr vorher andere Projekte?
Simona: Alanah [Rüttimann] und ich waren vorher schon in anderen Bands. Und Sandra an der Musikschule oder sowas.
Gianna: Schüler:innenband
Simona: Ja, aber es war wirklich ein bisschen wie bei 'Babysteps'. Es kommt schön zusammen. Es sind vielleicht verschiedene Tempos rum, aber wir schauen, dass wir niemanden verlieren. Ich habe das Gefühl, diese Dynamik ist bei Batbait einzigartig - oder ich kenne das sonst nicht, dass es wirklich Raum für jede hat.
Wie hiess deine vorige Band?
Simona: [lacht] Wir hatten eine Prog Rock Band welche wir richtig ernst nahmen. Die hiess Milk on My Rainbow Coloured Skin.
Findet man da noch was im Internet?
Simona: Irgendwo ist vielleicht noch was.
Gianna: Ich glaube von Alanahs Band findest du noch was, die hiess Late Late Show
Simona, wieso bist du eigentlich von einer Prog Rock Band zu einer Garage Rock Band wie Batbait gegangen?
Simona: Ich musste oder durfte in der Musikschule schon in Big Bands spielen und für mich war es immer wichtiger, mit wem ich eine Band habe, anstatt welche Art von Musik wir machen. Ich habe das Gefühl, es hilft viel mehr, wenn man sich jede Woche trifft und viel Zeit verbringt. Oder wenn wir im Sommer viel unterwegs sind, dann ist es wichtiger, dass die Leute stimmen. Auch die Musik die wir machen, die ist zusammengewachsen. Wir haben nicht von Anfang gesagt, wir wollen klingen wie diese oder jene. Oder Musik machen, die in jenes Genre passt.
Keine definitive Musik. Ich glaube es war das Migros Magazin wo ihr doch noch das eine Thee Oh Sees Album in die Kamera gehalten habt. Wolltet ihr dennoch in eine eher eckige, unpolierte oder schnörkellose Richtung gehen in eurer Musik?
Gianna: Es gibt sehr viele Bands, die uns beeinflussen oder welche wir gerne hören. Es ist vielleicht auch eher die Art des Songwritings: Wir fangen einfach mal an zu spielen oder arbeiten mit dem, was im Moment entsteht. Klar ist der Sound geprägt von verschiedenen Musikrichtungen. Auch spezifischere Nischengenres im Rock Bereich.
Die Songs entstehen also durch Jams?
Gianna: Ja alles. Es hat noch nie jemand einen fertigen Song zur Probe gebracht.
Simona: Für mich ist es vor allem so, dass die Songs sich stetig entwickeln. Es ist nicht so, dass wir von Anfang an eine spezifische Story erzählen wollen. Oft kann es sein, dass einzelne Songs für verschiedene Mitglieder der Band auch andere Bedeutungen haben.
Die gleiche Frage haben sie Jackson Pollock auch schon gestellt: woher wisst ihr, wenn ein Song fertig ist?
Gianna: Bei uns gehts fest darum, wie der Song im Bandraum tönt. Alle Songs waren fertig, bevor wir sie aufgenommen haben. Es kamen sehr wenige Overdubs dazu. Wir spüren was funktioniert, wenn wir uns verlieren in einem Jam. Ab und zu schaust du auf und alle sind am nicken... Es ist ein Bauchgefühl.
Euerem Album wohnt eine grosse Nonchalance inne. Der Sound ist vergleichsweise rough. Ab welchem Punkt wäre eine zu polierte Produktion schlimm?
Simona: Wenn wir das Gefühl hätten, dass das nicht mehr wir sind. Oder wenn etwas anderes im Vordergrund steht als unser Sound. Ansonsten habe ich das Gefühl, dass wir nun wieder sehr viel über uns und über unseren Sound gelernt haben.
Wie lange habt ihr euch für die Aufnahmen von Dirty Clothes Zeit genommen?
Gianna: Insgesamt fast ein Jahr. Wir waren recht chaotisch unterwegs. Wir haben Songs fertig geschrieben, angefangen aufzunehmen, andere Songs nochmals aufgenommen, gleichzeitig Konzerte gespielt. Aber pro Song haben wir vielleicht je einen Tag aufgewendet.
Würdet ihr euch als Perfektionist:innen bezeichnen?
Gianna: Ich glaube da sind wir unterschiedlich. Manchmal gehts sehr schnell und alle sind zufrieden. Manchmal bin ich diejenige, die noch einen Moment braucht. Ich war auch recht stark ins Mixing involviert. Das war auch für mich recht wichtig herauszufinden, wie das danach genau tönt. Auch sich während des Aufnehmens vorstellen zu können, wies danach klingt. Und dann auch eigene Ideen einbringen.
Diesen Sommer gab es wieder mal einige Festivals, welche 100% männliche Bookings vorgenommen haben. In dieser Landschaft stecht ihr natürlich heraus. Seht ihr euch selber als politische Band, nur weil ihr existiert als all-female-Rockband?
Simona: Wir diskutieren das viel. Auch über Selbst- und Fremdwahrnehmung. Manchmal ist es nervig wenn automatisch alles politisch ist, was man macht. Aber es ist auch nervig, dass wir uns immer noch über Begriffe wie "Frauenbands" diskutieren müssen. Weil schlussendlich solls ja um die Musik gehen. Gleichzeitig finde ich es wichtig, dass man solche Themen reflektiert. Denn die Diskussion hat Platz und sie ist wichtig.
Gianna: Wir sind alle sehr politische Menschen. Darum können wir uns aus dieser Diskussion gar nicht herausnehmen, wollen das auch gar nicht. Wir haben diese Band zwar nicht aus politischen Überzeugungen heraus gegründet aber dass das alles Teil davon ist war uns immer bewusst. Das wir uns dabei positionieren wollen, war uns auch immer bewusst. Darin sind wir uns einig.
Danke für das Interview!