Game Design Today: "Es ist wie in das Feuer zu blicken"
In einer neuen Ausstellung wirft das Museum für Gestaltung Zürich einen Rundumblick auf die zeitgenössische Computerspielkultur. Ob AAA's oder experimentelle Indie's - Games sind hier kulturelle Artefakte, die etwas über uns auszusagen haben. Wir haben mit drei Entwicklern geredet. von Mirco Kaempf
23.03.02 Game Design Today ZHdK
Videogames sind mehr als ein Unterhaltungsmedium. Im Ausstellungskontext zeigt das Museum für Gestaltung einen Rundumblick zur heutigen Genrevielfalt.
Über dreissig Exponate flickern hier über den Screen, sind aber nicht nur digital zu begreifen. Beinahe skulptural wirkt die Anreihung von Gamepads aus den letzten gefühlt 50 Jahren. Beinahe als physischen Beziehungstest gibt sich das Spiel "Rakete" von Mario von Rickenbach, wo fünf Spieler:innen zusammen eine Raketenlandung vollführen müssen. Und als geradezu schweisstreibend entpuppt sich das Design von Exercube, einer immersiven Spiel&Fitness Installation der Zürcher Techfirma Sphery AG. Wir merken: Gaming ist uns in den letzten Jahren näher denn je gekommen. Als ein Indiz hierfür wird auch gerne auf einen Report hingewiesen, welcher besagt, dass Gaming in den USA einen grösseren finanziellen Zweig ausmache, als Film & Sport zusammen. Das Massenmedium hat aber auch weitere Reize, wovon auch die Forschung Gebrauch machen kann: Bürgerwissenschaftsprojekte des Studios MMOS spannen rund drei Milliarden Spieler:innen ein, um Daten zu sammeln. Es gibt Lehrveranstaltungen anhand von Ubisofts Assassins Creed Odyssey. Und sonst so?
Jedes Spiel ist ein Designprodukt, hat dadurch also auch stets eine Message implementiert, sagte uns diesen Monat die renommierte Künstlerin Prof Mary Flanagan. So entstehen automatisch auch Fragen. Stefan Kraft, Entwickler des Laser/Puzzle Spiels "Abgott" formuliert die folgenden: "Was erlaubt uns ein Spiel? Weswegen sind gewisse Interaktionen einfacher auszuführen, warum sind andere mühsahmer?" Und auch für Anselm Pyta, Entwickler des Spiels "The Longing" sind Spiele ganz klar auch dazu da, uns selber besser kennen zu lernen. Wo Spieler:innen genau 400 Tage (in real time) Zeit haben zu tun was sie möchten, ist es interessant zu sehen, welches der fünf möglichen Enden sie ansteuern.
Das Potenzial von Gaming ist riesig. Gerade wegen den Interaktionsmöglichkeiten. Möglicherweise fehlt uns allerdings noch das Vokalubar, diese künstlerischen Prägungen gesamtgesellschaftlich ausformulieren zu können. Immerhin: Mittlerweile wird bspw in polnischen Klassenzimmern das Spiel "This War of Mine" von 11 bit studios diskutiert, welches Krieg aus der Sicht von Zivilist:innen zeigt. Auch queerfeministische oder klimapolitische Perspektiven werden in einigen Exponaten der Ausstellung eingenommen. Und: Billie Eilish wird interviewt von einem Chatbot.
Die Schweiz habe eine Vorreiterrolle, in der Art und Weise wie sie Games anvisiert, sagt uns Co-Kuratorin Maike Thies vom Game Design Departement der ZHdK. Das erste Förderprogramm der Kulturstiftung Pro Helvetia war eine Initiative, Videospiele als Kulturgut sichtbar zu machen. Wir hätten hier ein sehr breites Verständnis und die Entwickler:innen würden diesen Ansatz auch in die Welt tragen. Und so mag es auch nicht verwundern, dass es begleitend zur Ausstellung auch ein grösseres Vermittlungsprogramm gibt, mit Performances, Talks und Führungen. Game Design Today seht ihr noch bis zum 23. Juli 2023 im Museum für Gestaltung Zürich auf dem Toni Areal (Campus ZHdK).