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Norient TIMEZONES 

TIMEZONES PODCAST-SERIE AUF RADIO X

Die Podcast-Reihe TIMEZONES erkundet die vielfältigen Realitäten von Künstler*innen und ihrer Praktiken weltweit und stellt die Frage: Was bedeutet es heute, in verschiedenen Ländern, Städten und Kontexten im Bereich Kultur und Kunst zu leben und zu arbeiten? Die  Reise geht von Nairobi über Rio de Janeiro  bis nach Beirut und Mount Makiling auf den Philippinen / die Ukraine und verarbeitet die Gedanken und Stimmungen der Künstler*innen, ihre sozialen, politischen und intellektuellen Realitäten und ihre(Lebens-) Philosophien zu künstlerischen Audiocollagen. 

TIMEZONES spielt dabei mit Formaten und Inhalten: der Podcast bewegt sich zwischen Journalismus und Experiment, Dokumentation, Ethnografie, Fiktion, Klangkunst oder Improvisation. Georgrafische Grenzen, Zeitzonen, Genres und Praktiken sollen überschritten und mit neuen künstlerischen Formen des Austauschs, des Zuhörens und des Erzählens experimentiert werden. Gemeinsam mit lokalen Produzent*innen und Künstler*innen entstehen dabei sehr persönliche Portraits und aktuelle Geschichten aus Städten rund um den Globus, die einen sehr subjektiven Eindruck in das weltweite und aktuelle Musik-und Kunstgeschehen ermöglichen.

TIMEZONES ist ein gemeinsames Projekt des Goethe-Instituts und Norient, dem weltweiten Redaktionsnetzwerk für zeitgenössische Musik- und Medienkulturen. 

Radio X ist neu als Partner mit an Bord: Als Weiterführung der im 2022 gestarteten Sendereihe airtime!, die künstlerischen Stimmen aus dem Globalen Süden und Osten Gehör verschafft, strahlen wir einmal im Monat eine Podcast-Folge aus. 

26. April NAIROBI: Nairobi’s Next Generation Music Producers and Performing Artists Speak Out

24. Mai BEIRUT: Traces of a City – A Pod Poem

21. Juni RIO DE JANEIRO: Staying Creative Between Beauty and Chaos in Rio de Janeiro

19. Juli MOUNT MAKILING: Ears on/of Mount Makiling

23. August BUENOS AIRES: Relations Condensed in Practice

ENG: 

The TIMEZONES podcast series plunges into the world of artists and their practices, asking: what does living and working in culture and the arts involve in different countries, cities, and contexts today? The experimental journey goes from Nairobi via Rio de Janeiro to Beirut and Mount Makiling in the Philippines/Ukraine and brings the he artists’ thoughts on their moods, their social, political, and intellectual realities and their philosophies (of life) into experimental audio collages.

The TIMEZONES podcasts run the gamut of formats and content, from straight journalism to experimental and documentary approaches, ethnography and fiction, sound art, and improvisation. The series endeavors to create new artistic forms of storytelling, listening and exchange across the boundaries of geography, time zones, genres, and practices. Together with local producers and artists, the podcast creates very personal portraits and current stories from cities around the globe, which allow a very subjective impression of the worldwide and current music and art scenes.

The Timezones Podcast Series is co-initiated and co-produced by the Goethe-Instituts and Norient, the worldwide platform and network for contemporary music and media cultures. 

Radio X is now on board as a partner: As a continuation of the series airtime!, which was launched in 2022 and which makes artistic voices from the Global South and East heard, we broadcast a podcast episode once a month. 

April 26, NAIROBI: 

May 24, BEIRUT: Traces of a City – A Pod Poem

June 21, RIO DE JANEIRO: Staying Creative Between Beauty and Chaos in Rio de Janeiro

July 19, MOUNT MAKILING: Ears on/of Mount Makiling

August 23, BUENOS AIRES: Relations Condensed in Practice

 

Dem Monster ins Antlitz zu blicken, statt darüber zu schweigen

Als Jackie Brutsche zehn Jahre alt ist, nimmt sich ihre psychisch kranke Mutter das Leben. Wie geht man mit einem solchen Trauma um, ganz persönlich, aber auch in der Familie? Diese Frage behandelt die Künstlerin und Musikerin in ihrem ersten Kinofilm Las Toreras. Zu sehen im Kultkino. von Mirco Kaempf

23.11.21 Las Toreras podcast

In ihrem ersten Kinofilm geht Künstlerin Jackie Brutsche dem Schicksal ihrer psychisch kranken Mutter nach. Zu sehen im Kultkino.

Jackie Brutsche ist den Rock'n'Roll-Fans wahrscheinlich eher als Frontfrau ihrer Garageband "The Jackets" aus Bern bekannt. Seit rund 15 Jahren agiert sie theatralisch und geschminkt als  Jack Torera, auf hiesigen und internationalen Bühnen der Clubs und Festival. Auch künstlerisch hat sie sich ein eigenes Universum an Referenzen, Ästhetik und Ausdrücken aufgebaut, zum Beispiel auch  in One-Woman-Shows Theaterstücken - immer leicht skurril, gepaart mit Pop und Sehnsucht. So jetzt auch im Film "Las Toreras", hier begrüsst sie ihr Publikum als perfekten Archetypen des Cowboy-Westernstars, gekleidet in Schwarz, mit  geschminkten, aufgerissenen Augen.

Jack Torera, ihre Kunstpersona und Alter Ego, hat Jackie Brutsche schon früh kreiert. Nachdem sie im Alter von nur 10 Jahren ihre Mutter verloren hatte, musste sie erst lernen, dass sie trotzdem ein glückliches Leben verdient hat. Die Kunst war hierbei schon früh ihre Rettung. Doch der Wunsch nach Verarbeitung wurde zunehmend spürbar. Für ihren Film begibt sie sich also auf die Suche nach ihrer Mutter. Wer war sie wirklich? Sie interviewt ihre Familie in der Schweiz und reist nach Granada, Murcia und Alicante, um Mitglieder der spanischen Seite ihrer Familie zu interviewen.

ein schwarz-weiss foto von einer frau auf einem pferd

"Dieser frühe Schicksalsschlag hat meinem Leben eine Richtung gegeben und in meiner Kunst habe ich einen positiven Umgang damit gefunden und konnte daraus schöpfen. Ohne die ganze Geschichte selber zu kennen, sie offenzulegen oder dem Publikum zumuten zu wollen. In meiner Familie hat man nie mehr über meine Mutter und ihre psychischen Probleme gesprochen, Schuldzuweisungen lagen in der Luft und heiklen Themen ging man aus dem Weg. Irgendwann blockierten mich die vielen offenen Fragen und ich wollte nicht länger im Unwissen leben und meine wichtigste Geschichte verbergen. Mit diesem Film wollte ich mit der schmerzlichen Wahrheit umgehen und zeigen, dass es sich lohnt - auch Jahrzehnte später - sich ihr zu stellen."

Ihre Mutter, Carmen, lernen wir im Film "Las Toreras" als eingenwilliges, kluges Mädchen kennen. Sie träumt davon, nach Paris auszuwandern, die Welt zu entdecken und Schriftstellerin zu werden. Sie verliebt sich in Jackies späteren Vater und zieht in die Schweiz. Wir erfahren  jedoch, dass sie psychisch krank war. Wahnvorstellungen und zwanghaften Störungen prägte ihren Alltag immer stärker. Sie wurde in Krankenhäusern behandelt und mit Medikamenten versorgt. Trotzdem war es, als ob ein Monster in ihrem Kopf leben würde. Das hat sie in Tagebüchern beschrieben und auch gezeichnet. Im Film "Las Toreras" sehen wir Jack Torera, wie sie mit diesem Monster kämpft, zu Boden geworfen wird, nur um schliesslich umarmt zu werden.

eine kindliche zeichnung eines "monsters"

Der Film "Las Toreras" zeigt eine Künstlerin auf der Suche nach ihrer verstorbenen Mutter, indem sie ein Thema anzusprechen beginnt, welches in ihrer Familie lange Zeit verschwiegen wurde. Der Suizid eines Familienmitglieds mit einer psychischen Krankheit trägt ein grosses Stigma, führt zu Schuldzuweisungen und verschiedenen persönlichen Realitäten. Jackie Brutsche tritt diesen entgegen. Bis Dinge zu Tagen treten und sich die beiden Teile ihrer Familie, einander schliesslich wieder annähern.

"Aber ich erkannte, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Unzählige Einflüsse, Entscheidungen, Umstände, Zufälle und Verbindungen formen das Leben. Dieses komplexe Zusammenspiel ergibt für jeden mit einer anderen Perspektive eine andere Geschichte und Wahrheit. Im Film war es mir wichtig diese Komplexität zuzulassen und dem Publikum zuzumuten. Wir Menschen suchen oft nach einfachen Erklärungen in einer äusserst komplexen Welt. Es erfordert Mut und anhaltende Anstrengung, die eigene Meinung ständig zu hinterfragen und anzupassen, unter der Annahme, dass es nicht nur eine Wahrheit gibt, sondern vielleicht so viele wie Menschen. Eine offene und nie abgeschlossene Betrachtung ist entscheidend, um Geschichte zu verarbeiten und zu verstehen, um Tabus zu überwinden und Konflikte zu lösen."

Zu sehen in Basel im Kultkino camera, mindestens noch bis Mittwoch, und anderen Schweizer Filmhäusern.