Salon Noirx
Kunstschaffende aus der Schweiz im Gespräch
In Salon Noirx kommen monatlich Kunst- und Kulturschaffende aus der ganzen Schweiz an den Runden Tisch und sprechen gemeinsam über ihre Praktiken und wie diese zu den aktuellen Zeiten stehen.
Salon Noir is a round table format in which artists and cultural workers across Switzerland come together to discuss their practice as it relates to the current times.
Salon Noirx wird freundlicherweise durch die Christoph Merian Stiftung und ab 2022 neu von der Stiftung Radio und Kultur Schweiz SRKS unterstützt.
Album der Woche: Enough von Office Culture
Die New Yorker Band ‘Office Culture’ hat kürzlich ihr viertes Album ‘Enough’ beim Indie-Label ‘Ruination Records’ veröffentlicht. Das Art-Pop-Quartett hat mit beinahe akademischer Neugier für Pop ein magisches Werk geschaffen, das subtil 70 Jahre Popgeschichte referenziert und dazu mit Texten durchzogen ist, die eine wunderschöne Balance aus Verletzlichkeit, humorvoller Selbstkritik und Liebe fürs Detail aufweisen. von Dion Monti
24.11.25-ADW-Office Culture ADW Podcast
Das neue Album von Office Culture via Ruination Records
Unter dem Begriff ‘Pop-Musik’ verstehen die meisten Menschen etwas. Es ist ein Genre, das alle kennen und sich dennoch jeder etwas anderes darunter vorstellen kann – und jede Generation versteht wiederum etwas Eigenes, Neues darunter. Pop ist so vielfältig und wandelt sich ständig, dass es Doktorarbeiten über spezifische Pop-Perioden gibt. Und dann gibt es Pop-Künstler*innen und -Bands, die die gesamte Geschichte der Popmusik beinahe akademisch studieren und dabei magische Werke schaffen, die subtil 70 Jahre Popgeschichte referenzieren.
Genau um eine solche Band geht es diese Woche:
Die New Yorker Art-Pop-Gruppe Office Culture hat vor etwa einem Monat ihr viertes Album ‘Enough’ beim Indie-Label Ruination Records veröffentlicht. Office Culture ist eine vierköpfige Gruppe hochbegabter Musiker, die alle auch Solokarrieren pflegen und im Prinzip von Winston Cook-Wilson angeführt wird. Schaut man sich die Credits des Albums an, merkt man, dass er Songwriter, Sänger, Synthesizer-Spieler, Programmierer, Produzent und Tontechniker des Albums ist. Das Album wirkt wie eine Sammlung von Phasen zwischenmenschlicher Herausforderungen und den damit verbundenen Emotionen und Reflexionen.
Der erste Song ‘Hat Guy’ ist zum Beispiel wie eine liebevolle Erinnerung an warme Momente zwischen zwei Menschen, die jedoch schon in der Vergangenheit liegen.
‘IMABELIEVER’ hingegen ist humorvoll und mehrdeutig – und ich habe das Gefühl, genau darum geht es auch. Es geht um mehrdeutige Signale gegenüber anderen, um Ehrlichkeit und um das leicht zynische Überdecken von Unaufrichtigkeiten und Egoismen mit Humor und Lachen.
Der sechste Song ‘Damage’ behandelt Wut und möglicherweise unverarbeitete Emotionen und Ressentiments. Dieser Song unterstreicht auch, dass auf diesem Album besonders die Texte im Vordergrund stehen – wobei die Musik ebenso brillant ist.
Insgesamt klingen die Lieder sehr unterschiedlich. Manche sind von Soul, andere von 80er-Pop, Indie-Rock oder Trip-Hop inspiriert – was das Hörerlebnis äußerst spannend macht. Die meisten Songs bauen sich linear auf und steigern ihre Energie von Anfang bis zum Schluss, oder sie enden mit einem Outro, das teilweise bis zu einem Viertel des Songs einnimmt. Dieses wiederkehrende Element kann sehr interessant sein, doch manchmal hatte ich das Gefühl, dass die Outros nicht unbedingt notwendig sind. Mit einer Laufzeit von 72 Minuten ist das Album auch recht lang, und ich habe mich gefragt, ob es vielleicht effektiver gewesen wäre, die allerbesten Songs auszuwählen und ein kürzeres, aber dafür Wirkunsvolleres Album von 45 bis 50 Minuten zu schaffen. Es gäbe nämlich genug gute Songs, um ein makelloses Album in dieser Länge zu produzieren.
Die Texte von Winston Cook-Wilson haben eine wunderschöne Balance aus Verletzlichkeit, humorvoller Selbstkritik und Liebe fürs Detail und die Band versteht es, diese speziellen musikalischen Geschenke vorsichtig zu veredeln, zu verpacken und zu tragen. Ich habe mich jedenfalls schon lange nicht mehr so über ein Album gefreut wie über dieses.