Woche gegen Rassismus 2019

Album der Woche: PALME CADELLI - tout le monde avec moi

Die Stimme von Anissa Cadelli trägt das Debütalbum tout le monde avec moi von Palme Cadelli wie ein exorzistisches Instrument. Zwischen Loops, Jazzpunk und radikaler Ehrlichkeit entstehen Songs, die sich gegen Muster und Konventionen stellen. von Mirco Kaempf

palme cadelli - tout le monde avec moi

Das Debütalbum des Duos Palme Cadelli erschien am Freitag 24.10.25 via Cheptel / Facile à Avoir Records

„Maybe it’s anti-music. But that’s music.“

Folgen wir den Mustern – oder folgen die Muster uns? Wie können wir uns unsere eigenen Verhaltensmuster austreiben, und wer gibt am Ende wirklich den Ton an? Ersetzt man das Wort „Muster“ durch Loops, Samples oder Gesang, und man befindet sich mittendrin – im Debütalbum des Genfer-Tessiner-Duos Palme Cadelli.

Die markant resonierende Stimme erkennt man sofort: Es ist die ewige Stimme der Genfer Musikerin und Lyrikerin Anissa Cadelli. Nachdem sie zuvor schon Releases mit Barrio Colette und Bandit Voyage veröffentlicht hatte, nimmt sie in Palme Cadelli eine neue Rolle ein – die einer Exorzistin. In sechs Kompositionen singt sie über Figuren hinweg, gegen Figuren an oder verortet sie in sich selbst.

Palme Cadelli entstand als Idee von Simone Bernardoni, Musiker bei Bitter Moon und Pussywarmer sowie Festivalmacher vom Facciamo la Corte bei Lugano. Er arbeitete schon länger an Loops und holte sich Anissa Cadelli dazu, um ihre Poesie mit seinen Klangstrukturen zu verbinden.

How did Palme Cadelli start?

Anissa:
The idea came from Simone. He was already making these strange loops and wanted to build something with them. When we met, he knew he wanted my voice. I wasn’t sure how it could be interesting, but I started recording my poetry, freely, without overthinking. I thought we’d cut parts out, but Simone said, “It’s perfect, we’re not cutting anything.”

That honesty became the foundation. Simone makes all the music, I do the text and vocals. We joke that I don’t want to hear the music before, and he doesn’t want to know the lyrics—it’s magic when we bring them together.

How did that develop into a live setup?

Anissa:
We knew we needed a band for density. It’s hard to play loops—you have to stay in a collective trance. Simone had the vision: the band keeps playing no matter what happens, even if I disappear. They don’t look at me, not rudely, but because we wanted to mix two separate energies. The first concerts were radical—like two forces colliding.

Die beiden scherzen oft, dass sie die Musik nicht hören will, bevor sie die Lyrics gesungen hat, und er die Lyrics nicht kennen will. Es ist daher nicht überraschend, dass die Songs unkonventionell und eigenständig zusammenkommen.

Das Album entstand in La Valle di Blenio im Tessin, in der Nähe eines Friedhofs. Ob man daraus einen gotischen oder eher zeitlosen Aspekt in der Musik hört, bleibt offen. Die Lyrics wirken oft wie Geisterstimmen. In «tu ne serais aimer une chanson» singt Anissa Cadelli:

„Ma vie est une mélodie pathétique que je n'arrive même pas à chanter… Tu kidnappes mon cerveau.“

Ihr Leben gleicht einer erbärmlichen Melodie, die sie nicht einmal singen kann – ein Bild für Überforderung, Zärtlichkeit und die Ironie des Daseins. Vieles klingt nach einem nagenden Liebesphantom in einer existenziell erschütterten Welt. Songs wie Regarde moi sind in ihrer Essenz radikal antipatriarchal, sehr intim, intensiv und roh.

In your lyrics you often adress someone as “you.” Who is that?

Anissa:
It’s always true, but it’s about many people—five different persons who become one. It lets me be freer and say radical things, protecting myself by turning them into a kind of monster with many heads. In a mystical way, I’m speaking about myself.

So it’s personal, but universal too?

Anissa:
Yes. After a concert, a young guy told me he cried because he realized the mirror I held wasn’t for me but for the audience. I loved that. When you dare to express yourself honestly, you speak about the world.

Do you get away from the ghosts in your songs?

Anissa:
By doing that, yes—but it welcomes new ones. I live with those ghosts. It’s like therapy for me, only the couch is the stage.

Wer Palme Cadelli live sehen möchte, wird mit einem intensiven Sound überschwemmt, der einem Baudelaire Jazzpunk noch Raum lässt. Das Studioalbum hingegen nimmt eine andere Wendung. Es ist introspektiver, noch unkonventioneller. Und man bleibt mit der Frage zurück: Welche Geister werden hier beschworen oder ausgetrieben? Sind es persönliche Erfahrungen mit Menschen aus dem echten Leben, sind es gesellschaftlich erwartete Konformitäten von ihr als Frau, oder sind es vielleicht von der Popmusik verwahrloste Hörmuster, die hier zerstört werden sollen? Ja, es ist Anti-Musik, gewissermassen. Aber es führt zur Erkenntnis, dass alles – Musik ist.

I am reading certain songs as clearly  anti-patriarchal and feminist. Am I correct in this?

Anissa:
Yes, but it's not intentionally political—it comes from honesty. As a woman daring to share my life as it is, that becomes feminist. Palme Cadelli is about details; looking deeply into things is revolutionary. Simone works like that too. We didn’t want to stay in formats or what’s easy to listen to. For us, that’s the political part—listening to yourself and letting that guide the work.

Would you call Palme Cadelli anti-music?

Anissa:
Maybe. I’m a bit scared of the statement, but yes, it’s anti-music. And when you finish the album, you might realize—that’s music. When you’re free to do whatever you want, that’s music.

tout le monde avec moi von Palme Cadelli ist am vergangenen Freitag via Cheptel und Facile à avoir Records erschienen.

Die Woche

Lesungen, Theater, Diskussion, Musik, Ausstellungen und vieles mehr: Die Woche gegen Rassismus 2019 in Basel bietet ein vielfältiges Programm, sie findet statt von: Montag, 18. März bis Sonntag, 24. März 2019

Radio X setzt in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Organisationen und Beteiligten ein Zeichen gegen Rassismus und andere Formen von Diskriminierung. Ziel ist es, die lokale Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren und gemeinsam in einen Dialog zu treten.

Während der ganzen Woche strahlt Radio X jeweils um 11:30 Uhr und um 16:30 Uhr thematische Beiträge aus.

Flyer Woche gegen Rassismus in Basel 2019

Medienmitteilung Woche gegen Rassismus 18.-24.3.19 mit Programm

 

 
Das Programm


Montag, 18. März 2019

Forumtheater "Sans Frontières" - Ein interaktiver Theaterabend zum Thema Diskriminierung und Rassismus. 

19.30 Uhr, KLARA (Clarastrasse 13)

Eintritt frei. 

 

Dienstag, 19. März 2019

Uni von unten: «Alltäglicher Ausnahmezustand: Racial Profiling in der Schweiz» mit Mohamed Wa Baile, Sarah Schilliger und Claudia Wilopo

19 Uhr, Internetcafé Planet 13 (Klybeckstrasse 60, 4057 Basel)

Eintritt frei.

 

Mittwoch, 20. März 2019

Liveübertragung Radio X, mit Interviews live vor Ort: Abendschule Import, Bla*ShTheater Niemandsland, Kulinarisches von Schnaboule Schnaboule und Musik zum Thema «Migration und Musik» mit Leila Moon.

17-22 Uhr, Keck Kiosk (Kaserne)

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Donnerstag, 21. März 2019

Podiumsdiskussion «Racial Profiling» mit szenischen Sequenzen des Theaters Niemandsland.

Auf dem Podium: Michel Hostettler (Community Policing Kleinbasel), Tobias Burkhard (Ausbildungsleiter KaPo BS), Nahom Mehret (Schweizer, geb. in Eritrea), Yvonne Apiyo Brändle-Amolo (SP Politikerin Zürich, Künstlerin).

Moderation: Bernard Senn, SRF

Mit dabei: BastA!, STOPP Rassismus u.a.

19 Uhr, Offene Kirche Elisabethen

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Freitag, 22. März 2019

Bla*Sh, Legion Seven, Brandy Butler (CH)

Mehrstimmige Lesung, Performance, Konzert, Büchertisch

19 Uhr (Doors: 18.30 Uhr), Rossstall II, Kaserne Basel

Eintritt frei.

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Samstag, 23. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien

The tour will take place in English and is free of charge. Reservations are requested but not required. 

14 Uhr, meeting point: at the pyramides in front of the Offene Kirche Elisabethen

 

Offener Hörsaal: Interaktiver Parcours**, über Hürden und Weichen auf dem schweizerischen Bildungsweg

16.00-18.30 Uhr, Foyer Junges Theater Basel

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr 

Input: Wie die Schweiz Migrant*innen 2019 isoliert und verwaltet.

20 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

 

Sonntag, 24. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien auf Deutsch

14 Uhr, Treffpunkt: Pyramiden-Platz (Elisabethenstrasse)

Reservierung erbeten, aber nicht zwingend erforderlich.

Eintritt frei.

 

 

Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Neustrukturierung des Asylverfahrens und der Einführung der Bundeslager in der Schweiz. Mit der sogenannten Beschleunigung der Verfahren sollen Menschen effizienter verwaltet und ausgeschafft werden. Dafür nimmt das Staatssekretariat für Migration (SEM) Bundeslager in Betrieb, welche nicht nur die Unterbringung, sondern auch das gesamte Verfahren unter einem Dach zentralisieren und vereinheitlichen. Diese Praxis isoliert die betroffenen Menschen noch stärker vom Rest der Gesellschaft und lässt noch weniger Raum zur Selbstbestimmung. Um die Lagerpolitik umzusetzen, baut der Staat auf die Mitarbeit von Privatfirmen und NGOs.

 

** Bildungsparcours: Sprichst Du ausreichend Deutsch, um in der Schule mitzukommen? Wirst Du bei/auf deinem Bildungsweg unterstützt? Entsprichst Du den Bewertungskriterien des Schulsystems? Reicht das Geld für eine Ausbildung? Bringst Du die geforderten/nötigen Dokumente mit, um eine Ausbildung zu beginnen? Haben alle Menschen in der Schweiz dieselben Chancen auf Bildung? In einem interaktiven Parcours erfährst Du, welche Weichen gestellt werden und welche Hürden es zu überwinden gibt auf dem schweizerischen Bildungsweg. Ähnlich einem Leiter-Spiel, wirst Du, ausgestattet mit einer neuen Identität, unterschiedliche Aufgaben lösen, um Stufe für Stufe deinem Ziel näherzukommen.

 
Ausstrahlungstermine

 

Montag 18.3. - Sonntag, 24.3.19, täglich um 11.30 h (Wdh. 16.30 h)

Redaktionelle Beiträge auf Radio X zu diversen Themen in der Woche gegen Rassismus

u.a. mit FIASKO und STOPP Rassismus

 

Donnerstag 21.3., 18 h  & Samstag 23.3.19, 13 h

Sendung X-Plus von Schüler/innen der FMS Münchenstein

 

Samstag 23.3., 16 h & Sonntag 24.3.19, 10 h

Ausstrahlung der Podiumsdiskussion zu "Racial Profiling" vom Donnerstag 21.3.19 in der Offenen Kirche Elisabethen

Kontakt

tatiana.vieira@radiox.ch

rebecca.haeusel@radiox.ch

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Die Woche gegen Rassismus wird unterstützt durch:

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