Wahlen 2020
Regierungsratswahlen BL: Sandra Sollberger im Interview
Der 12. Februar rückt näher: Regierungsrat und Landrat werden im Baselbiet neu gewählt. Auf Radio X reden wir mit allen Regierungsratskandidat:innen über ihre politischen Anliegen und Visionen fürs Baselbiet. Heute mit der SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger. von Noemie Keller
Sandra Sollberger Interview
Radio X stellt dir die acht Kandidierenden für den Baselbieter Regierungsrat vor. Dieses Mal: Sandra Sollberger.
Mit welchen drei Wörtern würden Sie sich beschreiben?
Gerade eine schwierige Frage zum Anfang. Ich würde sagen, ich bin pflichtbewusst, unterhaltsam und sehr herzlich.
Sie waren im Gemeinderat von Bubendorf, Sie waren Landrätin, seit 2015 Nationalrätin und kandidieren jetzt für den Regierungsrat. Was reizt Sie an diesem Amt, dass Sie es gegen den Nationalrat eintauschen möchten?
Ich sage nicht, dass ich es eintauschen möchte, sondern, dass ich einen Schritt weitergehen möchte. Ich bin ja Unternehmerin, ich bin Malermeisterin, habe einen Betrieb und da ist man schon eine Macherin. Ich weiss bereits aus meiner Zeit im Gemeinderat Bubendorf, dass man im Exekutivamt besser machen, Einfluss nehmen und miteinander Lösungen suchen kann als im Nationalrat.
Im Nationalrat sind Sie in der Finanzkommission und in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Welche Interessen würden Sie am liebsten im Regierungsrat vertreten?
Das Departement kann man sich ja nicht aussuchen, das funktioniert nach dem Affinitätsprinzip. Die, die bereits amtieren, dürfen sagen, ob sie in ihrem Departement bleiben wollen. Das habe ich überall so erlebt. In keinem Amt, in dem ich war, konnte man sich als neue Person die Kommission aussuchen. Das finde ich auch gut so, denn ich kandidiere als Regierungsrätin, da muss ich fähig sein, mich auf jedes Geschäft einzulassen. Und das ist genau das, was mich an der Herausforderung reizt, Regierungsrätin zu sein. Man muss flexibel sein, kann überall bei jedem Thema seine Meinung einbringen und hört sich auch die anderen Meinungen an. Das ist das Spannende daran, was mich "gluschtet", dieses Amt zu machen. Aber was ich niemals werde ausschalten können, ist, dass ich Unternehmerin bin, dass ich vom KMU bin. Ich bin, wie auch heute Morgen, jeden Tag im Büro und mache von der Besorgung des Kaffeerahms, über die Beschaffung der Kleider, bis zu Lohnabrechnungen, Mehrwertsteuer und Rechnungen alles. Darum sehe ich, wo die Probleme der KMUs bestehen und das könnte ich sicher in jeder Direktion einfliessen lassen.
Mit Blick aufs Baselbiet, wo finden Sie bestehen Probleme, wo muss es Ihrer Meinung nach vorwärts gehen?
In den letzten Jahren, als die Zauberformel herrschte, also dass jede (Anm. d. Red: grosse) Partei im Regierungsrat vertreten ist, ging es erfreulicherweise sehr schnell vorwärts, weil eben jede Partei angehört wurde. Das finde ich sehr wichtig. Darum ist es mehr etwas, was ich weiterführen möchte. Ich will das Rad nicht neu erfinden, das wäre quasi ein Rückschritt. Man kann immer etwas dazunehmen, aber der Grundstock ist gut. Wir konnten gerade im letzten Herbst die Vermögenssteuern senken, jetzt steht das nächste Thema an: die Einkommenssteuern zu senken. Das heisst, alle Steuerzahlenden zu entlasten. Dieses Ziel verfolgen leider nur die Bürgerlichen. SP und Grüne möchten dabei nicht helfen. Dabei merkt es jeder im Portemonnaie, wenn er weniger Steuern zahlen muss. Das ist sicher etwas, bei dem ich mithelfen möchte. Dann stehen im Gesundheitswesen sicher Probleme an. Das kann man gleich mit dem Fachkräftemangel zusammennehmen. Der ist jedoch in der ganzen Schweiz vorhanden und es ist nicht so, dass wir das alleine im Baselbiet lösen können. Durch meine Kontakte im Nationalrat wäre ich aber sicher ein ideales Verbindungsglied zu den anderen Kantonen und zum Bund und könnte so mithelfen. Und was mir auch sehr wichtig ist, vielleicht sind ja gerade jetzt die Hörerinnen und Hörer draussen und stecken im Stau oder sind in einen überfüllten Zug eingestiegen, mir wäre es wichtig, daran zu denken, dass Schienen und Strassen dringendst ausgebaut werden müssen.
Was würden Sie im Baselbiet verändern, sei es ein Gesetz oder Angebot, wenn Sie einfach mit dem Finger schnipsen könnten, Geld keine Rolle spielen würde und es keine Opposition gäbe?
Lacht. Eine lässige Frage, da kann ich ja richtig kreativ werden! Also für mich ist sicher klar, ich möchte, dass es keinen Stau mehr auf den Strassen gibt und genügend Parkplätze vorhanden sind. Auch dass wir eine Lösung finden für unser Klimaproblem, wäre mir ein grosses Anliegen. Da ist momentan so viel Ideologie und nur eine Richtung vorhanden. Es wäre ganz wichtig, dass wir für alles offen sind, dass wir uns nicht immer alles mit Gesetzen und Regulierungen verbauen, sondern einfach drauflosarbeiten und machen, ohne dass es immer so Hinderungen gibt.
Wenn Sie gerade das Klima ansprechen, was wäre denn für Sie eine gute Lösung, um die Krise anzugehen?
Da gibt es für mich zwei Punkte, die ich ansprechen möchte. Der erste ist ein motivierender Punkt: Die Schweiz ist zuvorderst mit dabei, Lösungen für das Klimaproblem zu finden. Erstens, weil die Schweizerinnen und Schweizer das Problem erkannt haben und auch bereit sind, selbst etwas zu tun Aber auch weil wir ein Forschungs- und Technologiestandort sind. Wir haben hier ganz viele Chancen. Auch mit den vielen StartUps sieht man, dass sich hier etwas entwickelt. Da ist das Baselbiet, aber auch die Schweiz allgemein, vorne mit dabei. Der zweite Punkt ist, ich möchte, dass wir für alle Lösungen offen sind. Ich vermisse die Diskussion um die verschiedensten Lösungen. Es heisst immer nur: Solarausbauung oder Kernkraftverbot. Diese zwei Punkte hört man am meisten und das stört mich, denn ich bin für alles offen. Ich finde, man sollte Windenergie dort fördern, wo es Sinn macht. Man sollte Solar fördern, das ist sowieso ganz klar, aber nur Solar wird nicht reichen. Ich bin aber auch der Meinung, dass man sich nicht mit Denk- und Technologieverboten einschränken sollte, gerade im Bereich der Kernkraftwerke. Die jetzt noch funktionierenden Kraftwerke sollte man noch weiter laufen lassen, bis man bessere Lösungen hat. Ob das jetzt neue Kraftwerke sein müssen, das weiss ich auch nicht. Aber ich denke, das wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Es ist eine Tatsache, dass wir in der Schweiz immer mehr Strom brauchen. Man kann nicht immer sagen, dass wir klimaneutral werden und den CO2-Ausstoss reduzieren müssen, und dann riskieren, dass wir keinen Strom mehr haben. Das wäre verheerend, würde Forschung verhindern, würde zum Beispiel auch das Radio verunmöglichen und uns im Alltag einschränken. Darum denke ich, müssen wir offen sei, auch für Wasserkraft oder Wasserstoff. Das muss alles angedacht und nicht nur in eine Richtung gedacht werden. Da bin ich mir sicher, gibt es viele Lösungen, die in der nächsten Zeit auf uns zukommen könnten, wenn wir alle offen sind.
Das Baselbiet ist der zweitteuerste Kanton, was die familienergänzende Kinderbetreuung angeht, bloss der Kanton Uri ist teurer. Die SP fordert, dass die gesamte familienergänzende Kinderbetreuung samt Spielgruppen und Kindertagesstätten bis zur ersten Primarklasse kostenlos sein soll. Im Landrat wurde ganz knapp beschlossen, dass die Regierung nun zwei Jahre Zeit hat, um einen Gegenvorschlag zu dieser Initiative auszuarbeiten. Wie würden Sie die familienergänzende Kinderbetreuung im Baselbiet angehen?
Dieses Thema liegt bei Kathrin Schweizer und der Justiz- und Sicherheistdirektion. Sie ist ja bei der SP und ich denke sie hat den Plausch an dieser Aufgabe. Aber ich stehe dem kritisch gegenüber. Das sind X-Millionen Steuergelder, welche alle berappen müssen. Auch die, die keine Kinder haben oder selbst auf ihre Kinder zuhause aufpassen. Darum finde ich es eine unfaire Lösung, denn es gibt bereits heute gute Lösungen. Ich meine, man muss ja auch ein bisschen kreativ werden. Man kann ja nicht einfach denken: "Ja gut, mein Kind ist jetzt in der Kinderkrippe." Ich selber spreche da aus Erfahrung, ich durfte sehr jung mit 23 Jahren meine Tochter zur Welt bringen. Heute ist es ein dürfen, damals, als ich es erfahren habe, war es nicht ganz ein dürfen. Sie weiss das, darum darf ich das sagen. Und unterm Strich war sie der Glücksfall meines Lebens. Aber daher weiss ich, was alles möglich ist, wenn man ein bisschen kreativ ist. Ich finde, man macht es sich sehr einfach, wenn man sagt: "Ja, ja, das Kind kommt in die Kinderkrippe und dafür wird dann schon gezahlt." In der Kinderkrippe wird das Kind nicht erzogen, das ist eine Illusion. Man sieht gerade jetzt, was so abgeht in den Schulen. Sie müssen mal mit einer Lehrerin, einem Lehrer oder einer Kindergärtnerin - meine Tochter ist Kindergärtnerin - reden. Der Unterschied zwischen Kindern, die zuhause aufwachsen durften, Zeit bei den Grosseltern verbrachten oder zumindest nicht die ganze Woche weg waren, zu den Kindern, die in der Kinderkrippe waren, ist verheerend. Ich sage immer, es können alle ihr Kind gleich gern haben, unabhängig vom Geschlecht. Aber es ist anders, ob ein Kind Mutter-, Vater-, Elternliebe erfährt oder in einer Krippe ist. Ich denke, diese Erkenntnis wird in nächster Zeit auf uns zukommen.Ich bin mir bewusst, dass es für gewisse Menschen aus finanziellen Gründen, die einzig mögliche Lösung ist. Aber da haben wir heute schon genügend gute Lösungen.
Als wie wichtig erachten Sie die Verbindung des Grenzkantons Basel-Landschaft zur EU?
Es ist ganz klar, dass das für uns ein wichtiger Teil ist. Ich bin ja in Bern gemeinsam mit Patricia von Falkenstein im Co-Präsidium der Gruppe IG Wirtschaftsregion Basel. Wir laden stets andere Parlamentarierinnen und Parlamentarier ein, um über Wirtschaftsanliegen aus der Region zu reden. Zum Beispiel: Wenn ich mit jemandem aus Appenzell-Innerrhoden über Horizon spreche, hat dieser nicht das gleiche Verständnis, er möchte andere Probleme für seinen Kanton lösen. Diese Leute können gar nicht verstehen, wie wichtig diese Zusammenarbeit mit der EU für uns ist. Für mich ist aber immer wichtig, dass man auf Augenhöhe verhandelt, also dass wir auch unsere Stärken zeigen. Gerade bei Horizon, als die anderen Länder in Brüssel fanden, dass die Schweiz nicht dabei sei, ginge ja nicht: Die Schweizer fehlen ihnen und das ist ein deutliches Zeichen, dass wir unsere Stärken auch zeigen und in Verhandlungen einfliessen lassen müssen. Aber die Arbeit mit der EU ist für unsere Region ganz sicher wichtig.
Zum Schluss noch etwas Persönliches. In einem Interview wurde erwähnt, Sie gingen gerne an Konzerte, sei es Alicia Keys oder Rammstein. Welches Konzert würden Sie niemals verpassen wollen?
Ich habe ACDC schon acht oder neun Mal live gesehen, da würde ich ziemlich alles dafür geben. Aber es gibt so viele Konzerte, die ich nicht verpassen möchte. Live Musik ist Ein und Alles für mich. Ich bin auch im Co-Präsidium der parlamentarischen Gruppe Rock Pop, zusammen mit SP-Mann Daniel Jositsch, und wir bringen die Anliegen der Gross- und Konzertveranstalter ins Parlament und schauen, wo wir helfen können. Gerade auch nach Corona, was natürlich eine heftige Zeit war. Aber ein Abend mit Live-Musik ist für mich wie eine Woche Ferien. Es ist einfach ein bisschen schwierig für die, die mit mir mitkommen, ich geh darum auch manchmal alleine. Denn ich kann nicht ruhig sitzen bleiben. Ich singe zwar nicht mit, das tue ich niemandem an, aber ich kann bestimmt nicht ruhig sitzen bleiben. Ich bin immer zuvorderst vor der Bühne. Auch bei den Toten Hosen, wenn es da halt zehn Liter Bier über den Kopf gibt, das ist mir völlig egal. Live-Musik gehört zu meinem Life. Lacht.