Woche gegen Rassismus 2019

"Ich befrage alles" Künstlerin Eva Lootz über die Flüchtigkeit von Metallen und Identitäten

Papier zerknittert, Metalle werden flüssig, Regen wird sauer – die erste Einzelausstellung der 1940 in Wien geborenen Künstlerin Eva Lootz im deutschsprachigen Raum lädt zum genauen Hinsehen ein. Ihre Arbeiten verbinden Minimal Art, Prozesskunst und philosophische Fragen nach Materie, Sichtbarkeit und Wandel und wirken dabei hochaktuell. von Mirco Kaempf

25.09.27 Eva Lootz

Das Kunsthaus Baselland zeigt die erste Einzelausstellung der pionierhaften Künstlerin Eva Lootz im deutschsprachigen Raum.

Schon beim Betreten der neuen Einzelausstellung im Kunsthaus Baselland wird klar: Hier geht es um mehr als reine Formen. Auf dem Boden liegen ausgebreitete Skulpturen – verknittert, zerdrückt, fast zerbrechlich wirkend. Gefertigt aus hauchdünnem Manila-Papier, einem der günstigsten Materialien, die man bekommen konnte. Genau deshalb war es für die Künstlerin Eva Lootz in den 1970er-Jahren so spannend: Sie konnte damit unmittelbar und mit dem arbeiten, was gerade vorhanden war. Formell lässt sich das der Minimal Art zuordnen, inhaltlich greift es jedoch viel grössere Themen auf.

Eva Lootz, 1940 in Wien geboren und mit 27 nach Spanien ausgewandert, gilt als Pionierin von Kunstformen wie Minimal Art, Land Art oder Prozesskunst der 1960er- und 70er-Jahre. Jetzt ist ihre erste Einzelausstellung im deutschsprachigen Raum zu sehen – in enger Zusammenarbeit mit dem Museo Reina Sofía in Madrid. Die Schau vereint Themen und Werke aus 65 Jahren künstlerischen Schaffens. Lootz’ Werk ist dabei vielschichtig und hochaktuell: Ihre Auseinandersetzung mit Manila-Papier oder der Stahlindustrie Spaniens schlägt Brücken zu postkolonialen Diskursen. Wenn sie Salz aus der Pratteler Saline thematisiert und als „Salär“ betitelt, verbindet sie Materialität mit dem Thema Lohnarbeit. Und wenn sie auf Sichtbarkeit – oder besser Unsichtbarkeit – hinweist, denkt sie auch an die Unsichtbarkeit von Frauen in Gesellschaft und Geschichte.

Doch einfache Zuschreibungen wären zu kurz gegriffen. Lootz’ Ausstellung ist ein Plädoyer für Fluidität und gegen Absolutismus oder starre Dualismen. Metalle werden flüssig, Flüssigkeiten verändern ihren Weg, Regen wird plötzlich sauer. Alles ist in Bewegung. Statt eindeutige Antworten zu geben, eröffnet Lootz neue Perspektiven.

Die Ausstellung lädt dazu ein, Materialien und Zusammenhänge neu wahrzunehmen. „Es ist ein stark prozessorientiertes Denken“, fasst Ines Goldbach zusammen. Lootz fordert auf, Gegebenes zu hinterfragen – auch die Sprache selbst, deren Bedeutungen oft viel offener sind, als sie auf den ersten Blick scheinen.

Die Ausstellung „Eva Lootz“ ist noch bis zum 25. Januar 2026 im Kunsthaus Baselland zu sehen.

ein kunstwerk mit sprache
Eva Lootz, Agua es el nombre futuro de la sed; Agua es el nombre de la gota que colma el vaso, 2015 Cut felt / Ausgeschnittener Filz, 2 sheets, 140 x 100 x 0.8 cm each, Courtesy the artist. Foto: Finn Curry, Kunsthaus Baselland © 2025, ProLitteris, Zurich

Radio X: Sie haben gesagt, Sie wollen nichts ausdrücken, Sie interessieren sich für Materialien. Sind Materialien wahrhaftiger als Konzepte?

Eva Lootz: Ich wollte keine persönlichen Statements abgeben. Mich interessierte, die Welt direkt zu befragen: Was habe ich vor mir? Die frühen Werke waren oft nichts anderes als der Niederschlag eines Prozesses – zum Beispiel die Ernte eines Baumwollfelds, auf dem Boden ausgebreitet, Paraffin darüber gegossen.

Sie verwenden sehr einfache Formen.

Ja, Quadrate oder Rechtecke – die einfachsten Ausdehnungen auf einer Wand.

Was meinen Sie mit „flüchtigen Identitäten“?

Mich interessieren Materialien, die sich verwandeln können, wie Zinn oder Blei. Metalle faszinieren mich, weil sie die Lebendigkeit der Materie zeigen. In unserer Tradition gab es eine Trennung von Form und Materie, Geist und Materie. Heute verändern neue wissenschaftliche Erkenntnisse unser Konzept von Materie – das finde ich spannend.

Reicht unsere Sprache noch aus, um die Welt zu verstehen?

Das ist es ja gerade: Deshalb ist es so wichtig, dass Sprachen nicht aussterben. Ich habe mich in letzter Zeit intensiv mit den bedrohten Sprachen in Südamerika beschäftigt, weil jede Sprache eine eigene Sicht auf die Welt eröffnet. Es gibt einen Satz, der sagt: "Die Sprache sagt uns nichts über das, wofür wir keine Worte haben."

Jede Kultur hat ihre eigenen Schwerpunkte. Völker in Grönland oder Island haben 20 oder 30 Begriffe für Eis und Schnee – wir haben vielleicht zwei oder drei. So ist es mit allem: Jede Sprache ist ein Fenster zur Wirklichkeit, und diese Wirklichkeiten decken sich nicht.

Würden Sie Ihre Arbeit als antikapitalistisch, postkolonial oder feministisch bezeichnen?

Damit wäre ich nicht glücklich. Das sind Schlagworte. Die Wirklichkeit ist vielschichtiger.

Gibt es Dinge, die Sie als bare Münze nehmen?

Ich befrage alles. Wir sollten nichts ungefragt akzeptieren. Wir müssen uns Fragen stellen – dazu sind wir da.

Eiin portrait der künstlerin
Eva Lootz, Madrid 1993. Foto: Javier Campano © 2025, ProLitteris, Zurich

Die Woche

Lesungen, Theater, Diskussion, Musik, Ausstellungen und vieles mehr: Die Woche gegen Rassismus 2019 in Basel bietet ein vielfältiges Programm, sie findet statt von: Montag, 18. März bis Sonntag, 24. März 2019

Radio X setzt in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Organisationen und Beteiligten ein Zeichen gegen Rassismus und andere Formen von Diskriminierung. Ziel ist es, die lokale Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren und gemeinsam in einen Dialog zu treten.

Während der ganzen Woche strahlt Radio X jeweils um 11:30 Uhr und um 16:30 Uhr thematische Beiträge aus.

Flyer Woche gegen Rassismus in Basel 2019

Medienmitteilung Woche gegen Rassismus 18.-24.3.19 mit Programm

 

 
Das Programm


Montag, 18. März 2019

Forumtheater "Sans Frontières" - Ein interaktiver Theaterabend zum Thema Diskriminierung und Rassismus. 

19.30 Uhr, KLARA (Clarastrasse 13)

Eintritt frei. 

 

Dienstag, 19. März 2019

Uni von unten: «Alltäglicher Ausnahmezustand: Racial Profiling in der Schweiz» mit Mohamed Wa Baile, Sarah Schilliger und Claudia Wilopo

19 Uhr, Internetcafé Planet 13 (Klybeckstrasse 60, 4057 Basel)

Eintritt frei.

 

Mittwoch, 20. März 2019

Liveübertragung Radio X, mit Interviews live vor Ort: Abendschule Import, Bla*ShTheater Niemandsland, Kulinarisches von Schnaboule Schnaboule und Musik zum Thema «Migration und Musik» mit Leila Moon.

17-22 Uhr, Keck Kiosk (Kaserne)

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Donnerstag, 21. März 2019

Podiumsdiskussion «Racial Profiling» mit szenischen Sequenzen des Theaters Niemandsland.

Auf dem Podium: Michel Hostettler (Community Policing Kleinbasel), Tobias Burkhard (Ausbildungsleiter KaPo BS), Nahom Mehret (Schweizer, geb. in Eritrea), Yvonne Apiyo Brändle-Amolo (SP Politikerin Zürich, Künstlerin).

Moderation: Bernard Senn, SRF

Mit dabei: BastA!, STOPP Rassismus u.a.

19 Uhr, Offene Kirche Elisabethen

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Freitag, 22. März 2019

Bla*Sh, Legion Seven, Brandy Butler (CH)

Mehrstimmige Lesung, Performance, Konzert, Büchertisch

19 Uhr (Doors: 18.30 Uhr), Rossstall II, Kaserne Basel

Eintritt frei.

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Samstag, 23. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien

The tour will take place in English and is free of charge. Reservations are requested but not required. 

14 Uhr, meeting point: at the pyramides in front of the Offene Kirche Elisabethen

 

Offener Hörsaal: Interaktiver Parcours**, über Hürden und Weichen auf dem schweizerischen Bildungsweg

16.00-18.30 Uhr, Foyer Junges Theater Basel

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr 

Input: Wie die Schweiz Migrant*innen 2019 isoliert und verwaltet.

20 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

 

Sonntag, 24. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien auf Deutsch

14 Uhr, Treffpunkt: Pyramiden-Platz (Elisabethenstrasse)

Reservierung erbeten, aber nicht zwingend erforderlich.

Eintritt frei.

 

 

Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Neustrukturierung des Asylverfahrens und der Einführung der Bundeslager in der Schweiz. Mit der sogenannten Beschleunigung der Verfahren sollen Menschen effizienter verwaltet und ausgeschafft werden. Dafür nimmt das Staatssekretariat für Migration (SEM) Bundeslager in Betrieb, welche nicht nur die Unterbringung, sondern auch das gesamte Verfahren unter einem Dach zentralisieren und vereinheitlichen. Diese Praxis isoliert die betroffenen Menschen noch stärker vom Rest der Gesellschaft und lässt noch weniger Raum zur Selbstbestimmung. Um die Lagerpolitik umzusetzen, baut der Staat auf die Mitarbeit von Privatfirmen und NGOs.

 

** Bildungsparcours: Sprichst Du ausreichend Deutsch, um in der Schule mitzukommen? Wirst Du bei/auf deinem Bildungsweg unterstützt? Entsprichst Du den Bewertungskriterien des Schulsystems? Reicht das Geld für eine Ausbildung? Bringst Du die geforderten/nötigen Dokumente mit, um eine Ausbildung zu beginnen? Haben alle Menschen in der Schweiz dieselben Chancen auf Bildung? In einem interaktiven Parcours erfährst Du, welche Weichen gestellt werden und welche Hürden es zu überwinden gibt auf dem schweizerischen Bildungsweg. Ähnlich einem Leiter-Spiel, wirst Du, ausgestattet mit einer neuen Identität, unterschiedliche Aufgaben lösen, um Stufe für Stufe deinem Ziel näherzukommen.

 
Ausstrahlungstermine

 

Montag 18.3. - Sonntag, 24.3.19, täglich um 11.30 h (Wdh. 16.30 h)

Redaktionelle Beiträge auf Radio X zu diversen Themen in der Woche gegen Rassismus

u.a. mit FIASKO und STOPP Rassismus

 

Donnerstag 21.3., 18 h  & Samstag 23.3.19, 13 h

Sendung X-Plus von Schüler/innen der FMS Münchenstein

 

Samstag 23.3., 16 h & Sonntag 24.3.19, 10 h

Ausstrahlung der Podiumsdiskussion zu "Racial Profiling" vom Donnerstag 21.3.19 in der Offenen Kirche Elisabethen

Kontakt

tatiana.vieira@radiox.ch

rebecca.haeusel@radiox.ch

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Die Woche gegen Rassismus wird unterstützt durch:

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