Woche gegen Rassismus 2019

"Es bringt nichts, einfach nur wütend zu sein" Postpunks Fontaines D.C. im Interview

Heute erscheint das lang ersehnte Debütalbum der Dubliner Band Fontaines D.C. Auf "Dogrel" zeichnen sie ein poetisches Bild von Szenen und Stimmungen ihrer Heimatstadt.  Im Interview sprechen sie über literarische Vorbilder und den Druck vor dem Albumrelease. von Mirco Kaempf

Die von Fans und Medien so oft gepriesenen Fontaines D.C. haben für ihre bisherigen Singles einiges an Vorschusslorbeeren einsammeln können. Während eines Interviews vor ihrem Konzert in Basel begegnete uns die Band nachdenklich, leidenschaftlich und authentisch.

Wir sprachen mit: Grian Chatten (Voc) Conor Deegan (Bass) Conor Curley (Guitar)

Denkt ihr, dass Weltschmerz ein treffendes Wort ist um eure Musik zu beschreiben?

GC: Ich denke schon. Aber eigentlich versuchen wir bloss auf das zu reagieren, was uns in der Welt begegnet. Weisst du, zB im Norden Dublins kannst du einfach irgendeine Strasse runter laufen und wenn du bei deinem Ziel angekommen bist, gibt es dort etwas, auf dass du reagieren musst. Etwas wo du fühlst, dass man einfach ausdrücken muss. Solche Strassen gibt es heutzutage weltweit doch nur zu allzu oft.

Der Ur-Postpunk John Lydon hatte in seiner Zeit verlauten lassen «Anger is an energy». Spielt Wut denn bei euch eine Rolle?

GC: Ich denke nicht, dass es etwas bringt einfach nur wütend zu sein. Ich glaube, das Wichtigste ist eine klare Sicht auf die eigenen Gefühle zu behalten.

Wie geht das?

CD: Mit Reden. Sprich mit deinen Kumpels, versuch dich und deine Umwelt zu verstehen

Mit Worten also. Was macht Wörter denn eigentlich so mächtig?

GC: (lacht) Ich glaube Wörter sind alles was wir haben, um zu verstehen und zu lernen. Dank ihnen können wir durch unseren Verstand und Herz navigieren. Ich glaube Geschehnisse fallen auf uns wie Staub, und mit der Zeit setzt dieser an. Manchmal, wenn viel Staub fällt dann brauchen wir einfach Wörter, um uns unter dem Staub wiederzufinden

Der Dichter Yeats schrieb im «Song of a happy shepherd» words alone are certain good. Es geht darum, nicht an Strömungen oder Doktrinen der Wissenschaft, Philosophie oder Kunst festzuhalten. Es sagt bloss, words alone are certain good. Verlasse dich auf diese.

Poesie spielt unter euch eine grosse Rolle. Ihr rezitiert die Zeilen der grossen Helden der Dichtung und schreibt selber Verse. Trotzdem habt ihr euer Album «Dogrel», nach einer Form der «pub-poetry» getauft. Wie kommts?

CD: Dogrel ist eine Art Poesie der Arbeiterklasse, die seit Jahrhunderten mündlich weitergegeben wird, von Vater zu Sohn. Meistens geht es um historische Ereignisse und trägt sehr viel irische Kultur in sich. Speziell in Dublin gibt es heute eine grosse Szene an jungen Poetry Slammern, die sich solcher alten Formen und ihrer eigenen Kultur wieder mehr bedienen. Was ziemlich cool ist! Zu oft wird Poesie als Instrument der upper class gewertet oder als zu elitär abgetan. Dabei sind es doch gerade Menschen der working class die so viel zu sagen hätten.

Habt ihr selber Präferenzen beim Schreiben eurer Songs? Ich meine mal gelesen zu haben, dass ihr euch über eine gemeinsame Liebe zur Beat-Literatur gefunden habt. Gilt der klassische «first thought best thought approach» und ist das wirklich besser als ein über Monate geschliffener Text à la TS Elliott?

GC: Wir machen definitiv beides und wagen uns an allerlei Schreibstile heran. Manchmal komponieren wir sogar die Musik in einer beat-literarischen Attitüde. Man muss sich einfach möglichst offen halten und schauen, was aus einem heraus und was von der Welt wieder hineinfällt.

Dann gibt es wieder andere Songs, wo wir eine Art surrealistische Landschaft kreieren wollten, Hurricane Laughter oder Too Real zum Beispiel, wo wir versuchen Dinge immer wieder neu zu formulieren, zu kürzen oder anders zu sagen. Bis alles so klar, durchdacht und kondensiert wie möglich ist. Zum Beispiel im Stile eines T.S. Elliott

Das Album ist noch nicht mal draussen und es hagelt schon Vorschusslorbeeren. Spürt ihr einen gewissen Druck?

CC: Nein, ich glaube wir haben alles getan was wir konnten und sind zufrieden mit dem Ergebnis. Was meint ihr?

CD: Nein ich spür keinen Druck. Wir haben das Album in erster Linie für uns gemacht und bin 100% zufrieden mit dem Ergebnis.

Ich nehme an, du stimmst auch zu?

GC: Nein im Gegenteil, ich bin ziemlich nervös manchmal. Ich fand schon früh, dass es wichtig ist, das «Nichts-zählt ausser die Band»-Gefühl zu entwickeln und aufrechtzuhalten. Vor allem während der Aufnahmezeit gab es Nächte wo ich kaum schlafen konnte und von Gedanken und Nervosität überflutet war. Das hat aber glücklicherweise abgenommen. Wahrscheinlich, weil wir wieder neue Songs am schreiben sind und uns auf das 2. Album konzentrieren können.

Meinst du, dass eine sanfte Zerbrechlichkeit wichtig sein kann, um Kunst zu schaffen?

GC: Idealerweise nicht. Es ist wohl besser so selbstbewusst zu sein wie es der Rest der Band ist und sich nicht von fremden Meinungen beeinflussen lassen. Das Beste ist, sich selber zu kennen und zu akzeptieren. Ich dachte ich wäre so, bin es aber erst langsam am Lernen.

Irgendwelche Tipps für Basler Musiker? Wie spielt man ein gutes Konzert?

CD: Guter Soundcheck. Hab dein Equipment beisammen. Stimm deine Instrumente und hab Spass.

GC: Erlaubt euch selber, betroffen zu sein, zB von vorhergehenden Stimmungsschwankungen oder sowas. Versuch nicht das alles wegzublocken um eine gute Show zu spielen. Lass die Eindrücke auf dich wirken, so dass du dich selber auf die Bühne bringst und keine merkwürdige, emotional-klaustrophobische Version deiner Selbst. Und hab keine Angst, all diese Gefühle auch auf der Bühne zu nutzen.

 

«Dogrel» ist das Debütalbum der Fontaines D.C. erschienen am 12. April 2019 via Partisan. Folgt der Band auf Facebook, Instragram, Twitter, Youtube sowie ihrer Webseite.

Den Beitrag zum Album hört ihr am Montag!

Fontaines D.C. by Deborah Sheedy

Die Woche

Lesungen, Theater, Diskussion, Musik, Ausstellungen und vieles mehr: Die Woche gegen Rassismus 2019 in Basel bietet ein vielfältiges Programm, sie findet statt von: Montag, 18. März bis Sonntag, 24. März 2019

Radio X setzt in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Organisationen und Beteiligten ein Zeichen gegen Rassismus und andere Formen von Diskriminierung. Ziel ist es, die lokale Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren und gemeinsam in einen Dialog zu treten.

Während der ganzen Woche strahlt Radio X jeweils um 11:30 Uhr und um 16:30 Uhr thematische Beiträge aus.

Flyer Woche gegen Rassismus in Basel 2019

Medienmitteilung Woche gegen Rassismus 18.-24.3.19 mit Programm

 

 
Das Programm


Montag, 18. März 2019

Forumtheater "Sans Frontières" - Ein interaktiver Theaterabend zum Thema Diskriminierung und Rassismus. 

19.30 Uhr, KLARA (Clarastrasse 13)

Eintritt frei. 

 

Dienstag, 19. März 2019

Uni von unten: «Alltäglicher Ausnahmezustand: Racial Profiling in der Schweiz» mit Mohamed Wa Baile, Sarah Schilliger und Claudia Wilopo

19 Uhr, Internetcafé Planet 13 (Klybeckstrasse 60, 4057 Basel)

Eintritt frei.

 

Mittwoch, 20. März 2019

Liveübertragung Radio X, mit Interviews live vor Ort: Abendschule Import, Bla*ShTheater Niemandsland, Kulinarisches von Schnaboule Schnaboule und Musik zum Thema «Migration und Musik» mit Leila Moon.

17-22 Uhr, Keck Kiosk (Kaserne)

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Donnerstag, 21. März 2019

Podiumsdiskussion «Racial Profiling» mit szenischen Sequenzen des Theaters Niemandsland.

Auf dem Podium: Michel Hostettler (Community Policing Kleinbasel), Tobias Burkhard (Ausbildungsleiter KaPo BS), Nahom Mehret (Schweizer, geb. in Eritrea), Yvonne Apiyo Brändle-Amolo (SP Politikerin Zürich, Künstlerin).

Moderation: Bernard Senn, SRF

Mit dabei: BastA!, STOPP Rassismus u.a.

19 Uhr, Offene Kirche Elisabethen

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Freitag, 22. März 2019

Bla*Sh, Legion Seven, Brandy Butler (CH)

Mehrstimmige Lesung, Performance, Konzert, Büchertisch

19 Uhr (Doors: 18.30 Uhr), Rossstall II, Kaserne Basel

Eintritt frei.

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Samstag, 23. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien

The tour will take place in English and is free of charge. Reservations are requested but not required. 

14 Uhr, meeting point: at the pyramides in front of the Offene Kirche Elisabethen

 

Offener Hörsaal: Interaktiver Parcours**, über Hürden und Weichen auf dem schweizerischen Bildungsweg

16.00-18.30 Uhr, Foyer Junges Theater Basel

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr 

Input: Wie die Schweiz Migrant*innen 2019 isoliert und verwaltet.

20 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

 

Sonntag, 24. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien auf Deutsch

14 Uhr, Treffpunkt: Pyramiden-Platz (Elisabethenstrasse)

Reservierung erbeten, aber nicht zwingend erforderlich.

Eintritt frei.

 

 

Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Neustrukturierung des Asylverfahrens und der Einführung der Bundeslager in der Schweiz. Mit der sogenannten Beschleunigung der Verfahren sollen Menschen effizienter verwaltet und ausgeschafft werden. Dafür nimmt das Staatssekretariat für Migration (SEM) Bundeslager in Betrieb, welche nicht nur die Unterbringung, sondern auch das gesamte Verfahren unter einem Dach zentralisieren und vereinheitlichen. Diese Praxis isoliert die betroffenen Menschen noch stärker vom Rest der Gesellschaft und lässt noch weniger Raum zur Selbstbestimmung. Um die Lagerpolitik umzusetzen, baut der Staat auf die Mitarbeit von Privatfirmen und NGOs.

 

** Bildungsparcours: Sprichst Du ausreichend Deutsch, um in der Schule mitzukommen? Wirst Du bei/auf deinem Bildungsweg unterstützt? Entsprichst Du den Bewertungskriterien des Schulsystems? Reicht das Geld für eine Ausbildung? Bringst Du die geforderten/nötigen Dokumente mit, um eine Ausbildung zu beginnen? Haben alle Menschen in der Schweiz dieselben Chancen auf Bildung? In einem interaktiven Parcours erfährst Du, welche Weichen gestellt werden und welche Hürden es zu überwinden gibt auf dem schweizerischen Bildungsweg. Ähnlich einem Leiter-Spiel, wirst Du, ausgestattet mit einer neuen Identität, unterschiedliche Aufgaben lösen, um Stufe für Stufe deinem Ziel näherzukommen.

 
Ausstrahlungstermine

 

Montag 18.3. - Sonntag, 24.3.19, täglich um 11.30 h (Wdh. 16.30 h)

Redaktionelle Beiträge auf Radio X zu diversen Themen in der Woche gegen Rassismus

u.a. mit FIASKO und STOPP Rassismus

 

Donnerstag 21.3., 18 h  & Samstag 23.3.19, 13 h

Sendung X-Plus von Schüler/innen der FMS Münchenstein

 

Samstag 23.3., 16 h & Sonntag 24.3.19, 10 h

Ausstrahlung der Podiumsdiskussion zu "Racial Profiling" vom Donnerstag 21.3.19 in der Offenen Kirche Elisabethen

Kontakt

tatiana.vieira@radiox.ch

rebecca.haeusel@radiox.ch

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Die Woche gegen Rassismus wird unterstützt durch:

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