Woche gegen Rassismus 2019

Zuerst kommt das Wohnen, dann die anderen Probleme

Jede Nacht schlafen in Basel Menschen draussen auf der Strasse. Sie sind obdachlos, haben kein festes Zuhause. Laut der Basler Obdachlosigkeitstudie 2018 haben in Basel rund 100 Personen kein festes Zuhause. 50 davon schlafen regelmässig auf der Strasse, weitere 50 bei Freund*innen oder in der Notunterkunft. Gegen die Obdachlosigkeit führt der Kanton Basel-Stadt seit Mai ein Pilotprojekt durch. Das Projekt basiert auf dem Konzept Housing First. von Luca Frabotta

Housing First

Zuerst kommt das Wohnen, dann alle anderen Probleme. So möchte das Konzept Housing First gegen Obdachlosigkeit vorgehen. Mit diesem Konzept führt der Kanton Basel-Stadt aktuell ein Pilotprojekt durch.

"Zuerst das Wohnen, dann das Arbeiten an den anderen Problemen", ist der Kern dieses Konzeptes. Viele Obdachlose haben nicht nur mit Obdachlosigkeit an sich zu kämpfen, sondern auch mit psychischen Problemen und Suchterkrankungen.

«Bisher musste man es sich verdienen, irgendwann eine eigene Wohnung zu haben. Housing First dreht das um. Man hat keine Wohnung, man hat Probleme. Also bekommt man zuerst eine Wohnung und dann kann man seine Probleme angehen», sagt Michel Steiner vom Verein für Gassenarbeit Schwarzer Peter.

Wohnen ist ein Menschenrecht. Das ist der grundlegende Gedanke beim Konzept Housing First. Ausserdem sei, laut diesem Konzept, eine eigene Wohnung der erste Schritt im Kampf gegen Sucht und/oder psychische Probleme. Die Heilsarmee Basel setzt das Pilotprojekt um. Aktuell sind 5 Personen in dem Programm drin. Einer konnte seine Wohnung im Juni beziehen, 2 werden im August einziehen und für weitere 2 wird aktuell noch eine Wohnung gesucht. Weitere Anfragen sind bereits in Bearbeitung.

Allerdings ist das Programm nicht für alle Obdachlose zugängig. Interessierte müssen bereits mehrere Jahre auf der Strasse leben, psychische Probleme und/oder eine Suchterkrankung haben. Damit will die Heilsarmee erste Erfahrungen sammeln und zu einem späteren Zeitpunkt auf alle Obdachlosen ausweiten.

Interessierte können sich bei der Heilsarmee melden. Dann wird anhand der Wünsche der betroffenen Person eine entsprechende Wohnung gesucht.

Die Wohnungen sind keine speziell angemieteten Blöcke, sondern solche, welche auch auf dem freien Wohnungsmarkt verfügbar sind. Die drei Wohnungen, welche schon vermittelt wurden, sind ein und zwei Zimmerwohnungen. Zusätzlich zu den Wohnungen haben Menschen, die am Programm teilnehmen, die Möglichkeit mit Fachpersonen in persönlichen Gesprächen ihre Probleme anzugehen. Das aber auf freiwilliger Basis. Pflichten für die Teilnehmenden gibt es keine.

Wohnungen und Beratungsgespräche – das kostet Geld. Die Wohnungen werden von den betroffenen Personen selbst bezahlt. Mit dem Geld, welches sie durch die Sozialhilfe oder andere Ergänzungsleistungen erhalten. Die Beratungsgespräche werden vom Kanton bezahlt.

«Das wird finanziert im Sinne der sozialen Integration. Längerfristig generiert Obdachlosigkeit auch Folgekosten. Auf lange Sicht gesehen ist es also für den Kanton kein grosser finanzieller Mehraufwand.», erklärt Michel Steiner.

Housing First ist eine relativ neue Idee im Umgang mit Obdachlosigkeit. Andere Städte zum Beispiel Wien arbeiten schon länger mit dem Konzept und konnten damit gute Erfahrungen sammeln.

In Basel sind bisherige Wohnangebote immer auch an Pflichten gebunden gewesen. Mit Housing First bekommen die Obdachlosen keine Pflichten aufgedrückt.

«Wir setzen auf die aktive Beteiligung, ohne Druck und Zwang. Wir setzen auch eine gewisse Freiheit und Entscheidungsmöglichkeit voraus. Selbstbestimmung ist so ein Schlagwort. Das möchten wir hier mit Housing First unbedingt leben», fasst Thomas Frommherz, Bereichsleiter Housing First der Heilsarmee Basel, zusammen.

Nicht alle Obdachlose wollen eine Wohnung

Allerdings wollen nicht alle Obdachlosen von dem Angebot Gebrauch machen. So zum Beispiel Tom Ricklin. Er lebt seit 7 Jahren auf der Strasse und schläft meistens draussen. Das macht er, laut eigener Aussage freiwillig. Vor allem wegen der ganz persönlichen Freiheit. «Wenn mir mein Nachbar nicht passt, dann gehe ich weg. Das kann man in einem Mietshaus nicht. Ich kann selbst entscheiden, wo ich sein möchte».

Die eigene Freiheit stellt Tom Ricklin über den Komfort einer eigenen Wohnung. Aber Tom Ricklin kennt viele Obdachlose, welche so ein Programm unbedingt benötigen. Denn viele seien auf der Suche nach einer Wohnung. Viele würden auch wissen, wie man wohnt und aktuell einfach eine schlechte Phase haben. Deshalb findet Tom Ricklin das Konzept Housing First auch gut. Wegen den nichtvorhandenen Pflichten und der Beratung, welche kein Muss ist.

Das Pilotprojekt Housing First hat im Mai im Kanton Basel-Stadt gestartet. Das Projekt soll 3 Jahre laufen, anschliessend wird der Kanton ein Fazit ziehen und über die Zukunft von Housing First entscheiden.

Der Verein für Gassenarbeit schwarzer Peter, die Stiftung Pro Mente Sana und die Schweizerische Gesellschaft für Sozialpsychiatrie haben vor rund einem Jahr das Konzept Housing First und die Obdachlosigkeit bei einer Fachtagung genauer untersucht. Daraus ist eine Broschüre entstanden, die Housing First aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Die Broschüre gibt es online auf der Website des Vereines für Gassenarbeit schwarzer Peter.

Die Woche

Lesungen, Theater, Diskussion, Musik, Ausstellungen und vieles mehr: Die Woche gegen Rassismus 2019 in Basel bietet ein vielfältiges Programm, sie findet statt von: Montag, 18. März bis Sonntag, 24. März 2019

Radio X setzt in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Organisationen und Beteiligten ein Zeichen gegen Rassismus und andere Formen von Diskriminierung. Ziel ist es, die lokale Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren und gemeinsam in einen Dialog zu treten.

Während der ganzen Woche strahlt Radio X jeweils um 11:30 Uhr und um 16:30 Uhr thematische Beiträge aus.

Flyer Woche gegen Rassismus in Basel 2019

Medienmitteilung Woche gegen Rassismus 18.-24.3.19 mit Programm

 

 
Das Programm


Montag, 18. März 2019

Forumtheater "Sans Frontières" - Ein interaktiver Theaterabend zum Thema Diskriminierung und Rassismus. 

19.30 Uhr, KLARA (Clarastrasse 13)

Eintritt frei. 

 

Dienstag, 19. März 2019

Uni von unten: «Alltäglicher Ausnahmezustand: Racial Profiling in der Schweiz» mit Mohamed Wa Baile, Sarah Schilliger und Claudia Wilopo

19 Uhr, Internetcafé Planet 13 (Klybeckstrasse 60, 4057 Basel)

Eintritt frei.

 

Mittwoch, 20. März 2019

Liveübertragung Radio X, mit Interviews live vor Ort: Abendschule Import, Bla*ShTheater Niemandsland, Kulinarisches von Schnaboule Schnaboule und Musik zum Thema «Migration und Musik» mit Leila Moon.

17-22 Uhr, Keck Kiosk (Kaserne)

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Donnerstag, 21. März 2019

Podiumsdiskussion «Racial Profiling» mit szenischen Sequenzen des Theaters Niemandsland.

Auf dem Podium: Michel Hostettler (Community Policing Kleinbasel), Tobias Burkhard (Ausbildungsleiter KaPo BS), Nahom Mehret (Schweizer, geb. in Eritrea), Yvonne Apiyo Brändle-Amolo (SP Politikerin Zürich, Künstlerin).

Moderation: Bernard Senn, SRF

Mit dabei: BastA!, STOPP Rassismus u.a.

19 Uhr, Offene Kirche Elisabethen

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Freitag, 22. März 2019

Bla*Sh, Legion Seven, Brandy Butler (CH)

Mehrstimmige Lesung, Performance, Konzert, Büchertisch

19 Uhr (Doors: 18.30 Uhr), Rossstall II, Kaserne Basel

Eintritt frei.

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Samstag, 23. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien

The tour will take place in English and is free of charge. Reservations are requested but not required. 

14 Uhr, meeting point: at the pyramides in front of the Offene Kirche Elisabethen

 

Offener Hörsaal: Interaktiver Parcours**, über Hürden und Weichen auf dem schweizerischen Bildungsweg

16.00-18.30 Uhr, Foyer Junges Theater Basel

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr 

Input: Wie die Schweiz Migrant*innen 2019 isoliert und verwaltet.

20 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

 

Sonntag, 24. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien auf Deutsch

14 Uhr, Treffpunkt: Pyramiden-Platz (Elisabethenstrasse)

Reservierung erbeten, aber nicht zwingend erforderlich.

Eintritt frei.

 

 

Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Neustrukturierung des Asylverfahrens und der Einführung der Bundeslager in der Schweiz. Mit der sogenannten Beschleunigung der Verfahren sollen Menschen effizienter verwaltet und ausgeschafft werden. Dafür nimmt das Staatssekretariat für Migration (SEM) Bundeslager in Betrieb, welche nicht nur die Unterbringung, sondern auch das gesamte Verfahren unter einem Dach zentralisieren und vereinheitlichen. Diese Praxis isoliert die betroffenen Menschen noch stärker vom Rest der Gesellschaft und lässt noch weniger Raum zur Selbstbestimmung. Um die Lagerpolitik umzusetzen, baut der Staat auf die Mitarbeit von Privatfirmen und NGOs.

 

** Bildungsparcours: Sprichst Du ausreichend Deutsch, um in der Schule mitzukommen? Wirst Du bei/auf deinem Bildungsweg unterstützt? Entsprichst Du den Bewertungskriterien des Schulsystems? Reicht das Geld für eine Ausbildung? Bringst Du die geforderten/nötigen Dokumente mit, um eine Ausbildung zu beginnen? Haben alle Menschen in der Schweiz dieselben Chancen auf Bildung? In einem interaktiven Parcours erfährst Du, welche Weichen gestellt werden und welche Hürden es zu überwinden gibt auf dem schweizerischen Bildungsweg. Ähnlich einem Leiter-Spiel, wirst Du, ausgestattet mit einer neuen Identität, unterschiedliche Aufgaben lösen, um Stufe für Stufe deinem Ziel näherzukommen.

 
Ausstrahlungstermine

 

Montag 18.3. - Sonntag, 24.3.19, täglich um 11.30 h (Wdh. 16.30 h)

Redaktionelle Beiträge auf Radio X zu diversen Themen in der Woche gegen Rassismus

u.a. mit FIASKO und STOPP Rassismus

 

Donnerstag 21.3., 18 h  & Samstag 23.3.19, 13 h

Sendung X-Plus von Schüler/innen der FMS Münchenstein

 

Samstag 23.3., 16 h & Sonntag 24.3.19, 10 h

Ausstrahlung der Podiumsdiskussion zu "Racial Profiling" vom Donnerstag 21.3.19 in der Offenen Kirche Elisabethen

Kontakt

tatiana.vieira@radiox.ch

rebecca.haeusel@radiox.ch

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Die Woche gegen Rassismus wird unterstützt durch:

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