Radical Gaming - Dieses Wochenende in X_art
Videospiele sind Kunst. So what? Was wirklich zählt, sei die Intention der Programmierenden. Das sagen die befragten Künstler:innen der aktuellen Ausstellung Radical Gaming im Haus der elektronischen Künste. Wir haben uns mit ihnen unterhalten. Hier geht's zur Sendung. von Mirco Kaempf
Menschen die ab 1978 an einer Space Invaders Arcade Maschine zockten eröffnete sich ein ziemlich skurriles Szenario: Tintenfischähnliche Pixel-Aliens fielen unaufhörlich gen Erde und es lag nun an den Spielenden, diese Invasion abzuwenden. 40 Jahre später nach diesem interaktiven Science Fiction Szenario erzählt die Spieltrilogie Mass Effect nochmals genau diesselbe Geschichte. Allerdings in einer 60stündigen Fassung mit einem nicht minderen kulturellen Impact: Über 20 Millionen Exemplare des Spiels wurden verkauft - und dies noch vor den diesjährigen Remasters.
Die Spiele, welche die 15 Künstler:innen in Radical Gaming zeigen sind jedoch frei des kommerziellen Rahmens entstanden. Das Ziel dieser Werke ist nicht, den Spielenden möglichst viel Endorphin zu entlocken, sondern diese herauszufordern in reflektierendem Sinne. Im Kontext des Hek-Kunstraumes werden uns hier (virtuelle) Potenziale eröffnet, die Raum zum sinnieren geben. So zeigt die venezianische Künstlerin Miyö Van Stenis beispielweise mit Eroticissima ein VR-Multiplayer Sex Spiel und bespielt ein Genre, das meistens auf Einzelspieler ausgelegt ist. Leo Castañeda referenziert mit Levels and Bosses Malereien der Romantik wie auch Dark Souls und Undertale. "Games are an affordable piece of art" sagt Castañeda.
Nicht nur könnte ein Computerprogramm ähnliche Sensibilitäten wie ein Gemälde Botticelli's beo uns hervorrufen: Technologie hilfe uns, uns als Spezies besser verstehen zu lernen, sagen uns Nicole Ruggiero und Daniel Sabio, die mit How the Internet Changed My Life dem Publikum die Möglichkeit geben, anhand von VR Minigames die Lebenswelten von sechs Online-Stars nachzuempfinden. Sie portraitieren Menschen, die dank des virtuellen Raums ihre eigene Identität ausleben können und finden. Sie sagen uns: um Games (und Kunst generell) lesen zu können, lohnt es sich zu fragen, was die Intention des Verfassers war. Und dies zu reflektieren.
Die Geschichten, die Videospiele erzählen geschieht in der besonderen Form der Interaktion. Wir können in andere Rollen schlüpfen. In Resurrection Land lässt uns Danielle Braithwaite-Shirley ethnologisch und geschlechtlich outen - dier User können entscheiden, ob sie als black trans Menschen lieber in die Hormon Bar gehen oder an das Begräbnis ihres dead names und Diskriminierung in Form des virtuellen Konjunktivs erleben.
Ob ein Game besonders gut ist, wird von den meisten mit einer emotionalen Reaktion gleichgesetzt. Ob Games in uns schonmal das Gefühl von "Kunst" ausgelöst haben, würden die meisten Menschen bejahen - sagt uns Elisa Mekler (Assistant Prof. Human Computer Interaction an der Aalto University) die anbringt, dass uns jedoch (noch) das nötige Vokabular fehlen würde, um Videospiele in einen Diskurs zu bringen, der dem eines kunstgeschichtlichen ebenbürtig wäre. Liegt es vielleicht an der Tatsache, dass wir ein Spiel mehr als Produkt denn als Werk anerkennen? Eine weitere interessante Frage wäre, warum spielen wir überhaupt, gibt uns Kurator der Ausstellung Boris Magrini zu bedenken: Warum haben wir das Gefühl, wir müssen Münzen sammeln, über Klippen springen, Monster schlachten und die Prinzessin* retten um Spass zu haben und was passiert, wenn wir diese Tropes nicht mehr serviert kriegen?