Schwarz/Weiss: Die (kulturellen) Beziehungen der Schweiz mit Südafrika während der Apartheid
Im Auftrag des Bundesrats und des Parlements hat der Basler Geschichtsprofessor Georg Kreis 2005 einen Bericht zu den politischen und wirtschaftlichen Beziehungen der Schweiz mit dem Apartheidsregime in Südafrika veröffentlicht. Eine Gruppe von Expert:innen untersucht nun die kulturellen Beziehungen im Zeitraum von 1948 bis 1994. Die Berichte zeigen, dass die Schweiz widersprüchlich gehandelt hat. von Danielle Bürgin
23.05.18 Beziehungen CH und Südafrika lang
Komplexe und widersprüchliche Beziehungen der Schweiz mit Südafrika
Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika waren in den letzten zwei Jahrzehnten Gegenstand umfangreicher Forschungen. Der Fokus lag bisher jedoch auf der Rolle der Schweizer Wirtschaft und Politik als Ermöglicher des Apartheidstaates. In Erfüllung eines parlamentarischen Vorstosses von 1999 hatte der Bundesrat einen Kredit von zwei Millionen Franken bewilligt, damit die Geschichte der Beziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika unter verschiedenen wissenschaftlichen Gesichtspunkten erforscht werden konnte. Autor des Schlussberichts ist der Basler Historiker Georg Kreis.
Ein vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördertes Forschungsprojekt an der Hochschule der Künste Bern HKB, das von 2019 bis 2023 läuft, hat sich nun zum Ziel gesetzt, die kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern von den Anfängen der Apartheid im Jahr 1948 bis zu den ersten demokratischen Wahlen in Südafrika im Jahr 1994 zu beleuchten.
Zum Abschluss dieses Projekts veranstaltete die Hochschule der Künste Bern Anfang Mai in Basel eine Konferenz, die von den Basler Afrika Bibliographien in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Afrikastudien Basel und dem Africa Open Institute der Universität Stellenbosch ausgerichtet und vom SNF finanziert wurde.
Radio X hat im Rahmen dieser Konferenz unterschiedliche Expert:innen interviewt. Die Gespräche zeigen auf, dass in einer Zeit, in der die Schweiz (wirtschaftlich und politisch) mit dem Apartheidsregime sympatisierte, eine Gegenbewegung entstanden ist, die das rassistische System in Südafrika lautstark bekämpft hat. Der Anti-Apartheids-Bewegung schlossen sich auch Menschen an, die den kulturellen Austausch mit Exil-Südafrikaner:innen pflegten.
Zu den Menschen, die Südafrika in den frühen 1960er Jahren fluchtartig verlassen haben, gehört auch der bekannte Jazzmusiker Abdullah Ibrahim (früher Dollar Brand). Der Pianist hat 1962 zum ersten Mal in Zürich gespielt. Sein Auftritt hat die Schweizer Jazzmusiker:innen nachhaltig geprägt. Das erfahren wir im Gespräch mit Bruno Spoerri, Schweizer Jazzmusiker und Pionier der elektronischen Musik. Spoerri hat Dollar Brand im legendären Zürcher Africana entdeckt, erzählt er uns. Ähnlich wie im Basler Atlantis begegneten Jazzfans im Africana regelmässig südafrikanischen Musiker:innen (wie Johnny Gertze, Makaya Ntshoko, Abdulallah Ibrahim oder Sathima Bea Benjamin). Aus den Begegnungen entstanden Freundschaften.
Auch heute besteht ein reger Austausch zwischen der Jazzszenen Südafrikas und der Schweiz. Ermöglicht durch individuelle Veranstalter:innen oder Institutionen wie dem Jazzcampus Basel, dem Offbeat Jazzfestival oder dem Bird's Eye Jazzclub kommt es regelmässig zu Begegnungen zwischen Musiker:innen aus Südafrika und der Schweiz.
Gern gesehener Gast in Basel ist zum Beispiel der südafrikanische Jazztrompeter Feya Faku. Dieser trat vor kurzem im Bird's Eye Jazz Club auf. Mit auf der Bühne war auch Keenan Ahrends. Der junge Jazzgitarrist hatte 2021 dank einer Pro Helvetia Residenz die Möglichkeit, zusammen mit den beiden Schweizer Musikern Lukas Thoeni und Domenic Landolf in Basel sein aktuelles Album "Perseverance: live at the bird's eye" aufzuzeichnen.
Wir haben uns mit Keenan Ahrends während seines Aufenthalts Anfang Mai in Basel über kulturellen Austausch, die Jazzszene Schweiz und die Bedeutung von Künstler:innen-Residenzen (wie jene von Pro Helvetia) unterhalten.
Auch mit dem St. Galler Afrika- und Jazzkenner Richard Butz haben wir ein Gespräch geführt und ihn über die Faszination für den südafrikanischen Jazz - damals wie heute - befragt. Mit Astrid Starck (Professorin für Germanistik und Yiddische Literatur) haben wir über ihre persönliche Beziehung zum südafrikanischen Autoren und Denker Lewis Nkosi (1936 - 2010) gesprochen. Nkosi hatte seine letzten Lebensjahre in Basel verbracht.