Sommerliteratur: Das Eidechsenkind
Das "Eidechsenkind" ist zwar ein Mensch, doch es muss ebenso scheu, leise und flink in der Wohnung sein wie das Reptil, denn ausser seinen Eltern darf niemand von seiner Existenz in der Schweiz wissen. Vincenzo Todiscos erster auf Deutsch geschriebener Roman spielt im Gastarbeitermilieu der 60er Jahre und handelt von Isolation und Enge, aber auch von Fantasie und Mut.
21.07.15 Sommerliteratur: Das Eidechsenkind
Kulturtipp zu Vincenzo Todiscos Roman "Das Eidechenkind" in der Radio X Reihe Sommerliteratur
Im italienischen Ripa konnte der Junge angstfrei durch den Sonnenschein stürmen, doch im Schweizer Wohnhaus wird jede Bewegung und jedes Geräusch zum Risiko: Sollte das Kind entdeckt werden, würde die ganze Familie aus dem Land abgeschoben.
Beklemmung ist wohl das richtige Wort für das Gefühl, das Todiscos Schilderung der sich auf wenigen Quadratmetern abspielenden Kindheit oft auslöst. Jedoch ist sein Roman auch voller lebendig gezeichneter Figuren, die das Wohnhaus im Gastarbeiterviertel bevölkern, und als es dem Eidechsenkind gelingt, auf dem Dachboden eine heimliche Freundschaft mit Emmy zu schliessen, gelingt ihm der Ausbruch aus seiner innerlichen Isolation.
Der Roman erzählt nicht nur eine bewegende Geschichte, sondern liefert mit seiner Schilderung des Gastarbeitermilieus auch präzise Beobachtungen zu oft kaum beachteten Facetten der Schweizer Zeitgeschichte. Der Autor Vincenzo Todisco stammt selbst von einer italienischen Einwandererfamilie und erklärte uns im Interview, warum er sich entschloss dieses Buch, anders als alle seine bisherigen, nicht auf Italienisch,sondern auf Deutsch zu schreiben.
Das im Rotpunktverlag erschienene Buch findest du übrigens hier.