Oki Doki Gaming Club
Willkommen im Lesekreis für Videogames!
Monatlich schnappen wir uns ein Game oder Thema und besprechen dies nach Form & Inhalt.
Egal ob FPS, JRPG’s, AAA’s, Indies, neue oder alte IPs. Ästhetik, Sound, Narrativ, Gameplay. Wir interessieren uns für die existenziellen und banalen Fragen. Wie erfüllend sind Sidequests? Wer war dein erster Videogame crush? Und was bitte bedeutet Freiheit in einer simulierten Welt?
Videospiele sind heute ein riesiger Industriezweig. Sind Teil unserer Kultur. Äussern sich Mainstream oder radikal. Da sind die Nutzer:innen eigentlich nur noch NPC’s. Oder doch nicht?
OG Characters des Oki Doki Gaming Club sind : Lucien Montandon, Anna Dippert, Ufuk Tan, Lena Frei, Mirco Kämpf und Noemie Keller.
Oki Doki Gaming Club - It’s a book club for videogames!
[ganz ohne Microtransactions oder procedurally generated content]
Defeating Gods: Comfort
Comfort aus Glasgow sind eine DIY-queer-fem. Punk Band. Umrahmt von Drumkit Preschereien und störrischen glitch-blessed/pixelated Synth-scapes singt Sängerin Nathalie McGhee toxisch-trümmernden Strukturen entgegen. Diese Tage spielen sie in Basel, Zürich, Baden und bieten Pogo-Paroli zum gesellschaftlichen mitschwitzen. von Mirco Kaempf
23.09.13 Comfort im Humbug
Das DIY, queerfem. Punk Duo Comfort aus Glasgow touren diese Woche durch die Schweiz. Am Donnerstag spielen sie im Humbug Club, Basel.
Als Kinder spielte das Geschwisternpaar Nathalie und Sean McGhee gerne JRPGs. Das steht für: Japanese Role Playing Games, oder anders gesagt: virtuelle Abenteuer und Eskapismus-Eskapaden im Pixelkleid. Eine Leidenschaft, welche sie heute noch praktizieren und vielleicht auch ihren musikalischen Ausdruck mitbestimmt. Wenn wir die beiden heute fragen, welches Videospiel sie zuletzt gespielt hätten kommt die Antwort: Stray & Age of Empires IV (Nathalie) und Final Fantasy XVI (Sean) – welches wie er sagt, ein ziemlich fulminanter Throwback zu den Kultklassikern der SNES und PS1 Zeiten sei, wenn auch in modernerer, pompöserer Aufmachung.
Auch ihr aktuelles Album «What’s Bad Enough?» (released am 5. Mai via FatCat Recordings) umfasst Songs, welche den Flair von pixelated Synths versprühen. Als «glitchy» werden die elektronischen Flairs teilweise bezeichnet. Störgeräusche, welche auch als Symbolträger für die überklungenen Issues unserer Welt sein könnten. Und wenn dieses Album nun auch ein Soundtrack für ein JRPG wäre, welche Story würde es erzählen?
«It’s about friends coming together, defeating Gods» lachen sie, ähnlich eines Kult-Klassikers wie Final Fantasy VII auf der PS1 - und treffen damit ins Schwarze. Wo Cloud und seine polygonen Kumpanen sich gegen eine ganze Corporation-Diktatur auflehnte, ist auch die Musik von Comfort alles andere als bequem. Jede Faser ihrer musikalischen Existenz gibt sich auf diesem Album wehrend. Wissend. Empathisch aufrüttelnd. «Es ist wie eine Art Zeitkapsel», sagt Nathalie McGhee. Eine Ansammlung von Sichtweisen was es heisst, in der heutigen Zeit in Grossbritannien eine Trans Frau zu sein. Und diese Zeit ist, politisch gesehen, sehr prekär. Weil Strukturen stetig normalisiert werden, welche gelinde gesagt, fragwürdig sind.
«I was laughing at myself at the absurdity of life. I’m literally here doing this job because if I don’t I won’t be able to pay my rent, I won’t be able to have anywhere to live and I’ll just be living a life of total desperation --- near death violence will be inflicted on me by our society and by our state […] nothing in our current culture exists to help people realise their inner strength and power and how deep they go. It’s all to keep us all shallowly invested in things that don’t even matter» Nathalie McGhee
Im Musikvideo zu Real Woman sieht man sie tanzend in ihrer Stadt. Zu den Zeilen entblösst sie sich – auf den Nippeln trägt sie das Gesicht der transphoben Autorin J K Rowling. Ein Symbolbild für eine politische Oberschicht, welche scapegoats entwirft. Hetzt. Eines von vielen Beispielen hierfür: die in Schottland angenommene Gender Reform Bill, welche es Menschen erleichtern sollte, ihre offiziellen Dokumente mit ihrem Gender anzupassen wurde von Westminster überraschend abgelehnt. Ganz zu schweigen vom Abbau des Kultursektors. Vom Schliessen von Venues. Von den hohen Kosten, welche kreative Äusserungen von vornherein mit sich bringen. «Überleg dir mal, wie viele talentierte Musiker:innen es geben würde, welche sich allerdings kein Equipment leisten können oder ohne Infrastruktur dastehen» sagt Sean McGhee.
Wir sprechen weiter über Videospiele. Ob es möglich sei, in einer programmierten Spielwelt das Narrativ zu ändern, und einem eigenen Ziel nachzueifern. Ob es möglich sei, aus einem Online Multiplayer Shooter wie Call of Duty Warzone, einen Farming Sim zu machen. Die Band lacht erneut, und sagen dennoch: ja, das ist es. Aber es sei ein massive undertaking, alle müssten am gleichen Strang ziehen.
Auch in der Musik von Comfort geht es ums Mitmachen. Oder zumindest, um Verständnis zu schaffen. Und Momente zu teilen «People are beautiful» sagt uns Sängerin Nathalie McGhee, trotz der widrigen politischen Umstände.
Diesen Donnerstag spielen Comfort im Humbug Club Basel, 21 Uhr. Am Freitag spielen sie am Lila Festival in Zürich, am Samstag sind sie im Royal Baden.