Das IRAN Update
Seit dem Tod der 22jährigen Kurdin, Mahsa Jina Amini setzen täglich tausende Menschen in Iran ihr Leben aufs Spiel. Aus den Protesten, die im September begonnen haben, hat sich eine Revolution entwickelt. Seither strömen jeden Tag neue, schreckliche, aber auch beeindruckende News über Twitter, Instagram und TikTok zu uns. Den Überblick über die aktuelle Situation in Iran zu behalten, ist eine Herausforderung.
"Das IRAN Update" setzt genau da an und verschafft einen wöchentlichen Rückblick auf die Geschehnisse in Iran. Die Hosts, Gilda Sahebi und Sahar Eslah, besprechen die wichtigsten Themen, werfen einen kritischen Blick auf Kommentare von Expert*innen, Journalist*innen und Politiker*innen und erklären politische und geschichtliche Zusammenhänge.
Eine Produktion von 190p GmbH.
Weil es uns von Radio X wichtig ist, unsere Hörer:innen regelmässig und mit der nötigen Tiefe über die Lage im Iran zu informieren, haben wir bei Gilda Sahebi und Sahar Eslah angefragt, ob wir ihren Podcast ausstrahlen dürfen. Du hörst ihn ab dem 2. Dezember jeweils freitags um 14 Uhr auf Radio X. Herzlichen Dank an dieser Stelle an alle Beteiligten.
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"Es ist ein unfassbares Privileg, sich nicht für Männergewalt an Frauen zu interessieren"
Alle zwei Wochen tötet ein Mann in der Schweiz seine Frau, Freundin oder Ex-Partnerin. Was führt zu dieser geschlechtspezifischen Form von Gewalt? Miriam Suter und Natalia Widla haben mit ihrem Buch "Niemals aus Liebe" beleuchtet, was wir gegen diese tödliche Form der toxischen Männlichkeit ausrichten können. Am Donnerstagabend sind sie zu Gast im Humbug. von Mirco Kaempf
Niemals aus Liebe (Miriam Suter & Natalia Widla)
Niemals aus Liebe - Männergewalt an Frauen ist ein Sachbuch, welche auf die Täterperspektive bei sexualisierter und partnerschaftlicher Gewalt eingeht. Am Donnerstag 5.12. sind die Autor:innen zu Gast im Humbug.
TW: Sexualisierte Gewalt
"Während wir dieses Buch geschrieben haben, wurden in der Schweiz 31 Frauen getötet. Sie mussten sterben, weil sie ihren Ex-Partner verlassen wollten. Weil sie zu erfolgreich in ihrem Job waren. Weil sie abends allein unterwegs waren. Weil sie schlichtweg in einer patriarchalen Gesellschaft lebten. So könnte dieses Buch beginnen. Aber wir möchten es so anfangen: Während unserer Arbeit an diesem Buch haben in der Schweiz 31 Männer Frauen getötet. Sie brachten sie um, weil diese Männer ihre Ex-Partnerinnen als ihr Eigentum ansahen, das sich nicht von ihnen trennen durfte. Weil sie ihren Selbstwert über ihre Karriere definierten, unter dem Druck, Alleinversorger zu sein, zerbrachen und mit niemandem darüber sprachen. Oder weil sie in ihren Augen nicht ertragen konnten, dass ihre Partnerin erfolgreicher war als sie. Weil sie schlichtweg in einer Welt leben, die von Männern für Männer geschaffen wurde."
Die Gründe, warum ein Mann zum Täter wird, seien genauso vielfältig wie die Täter selbst. Auch die gesellschaftlichen Strukturen, die Gewalt begünstigen, sind komplex und betreffen Aspekte wie Umfeld, Kultur oder Sozialisierung. Im Buch schaffen es die Autor:innen aber, bestimmte Mechanismen und Zusammenhänge sichtbar zu machen. Denn Gewalt, insbesondere sexualisierte und partnerschaftliche Gewalt, ist für Aussenstehende oft unsichtbar oder wird gar romantisiert, normalisiert und ignoriert, bis es zu spät ist.
Ein so triviales wie eindrucksvolles Beispiel liefern die Autor:innen gleich zu Beginn mit zwei Hits aus der Popgeschichte: In Where the Wild Roses Grow von Nick Cave und Kylie Minogue schwärmt der Protagonist von der Schönheit der Frau – bis er sie am Ende tötet. Ein Beispiel dafür, wie gewalttätige Männer in den Medien romantisiert werden.
Oder, wer hat den Song Farbfilm von Nina Hagen mal als Ausdruck partnerschaftlicher Gewalt interpretiert? Es zeigt, wie oft Hilfeschreie und unsichtbare Verletzungen ignoriert werden. (Lyrics).
Diese Beispiele sind symptomatisch für ein grösseres Problem: Gewalt wird oft nicht erkannt, nicht gehört oder nicht ernst genommen – bis es zu spät ist. Das Buch macht deutlich, dass Täter in den meisten Fällen keine „Monster“ oder „Psychopathen“ sind, sondern unsere Nachbarn und Kollegen. Es zeigt auf, dass jeder zum Täter werden könnte, selbst Männer, die sich als aufgeschlossen und progressiv sehen. Es sei zentral zu verstehen, welche Verhaltensmuster sozial angeeignet werden und aber destruktiv sind (Kritische Männlichkeit). Und es ist wichtig zu wissen, welche Anlaufstellen es gibt und wo noch einiges passieren muss. Vor allem in der Prävention - dies allerdings auf fundamentaler Ebene. #Patriarchat.
Niemals aus Liebe ist ein wichtiges, kritisches Buch über toxische Männlichkeit und deren Folgen. Auf knapp 300 Seiten beleuchten Miriam Suter und Natalia Widla die politische Arbeit in der Schweiz, die Perspektive der Täter und Massnahmen zur Prävention. Sie sprechen mit Opfern, Tätern, berichten aus Gerichtssälen und analysieren bspw auch die digitalen Räume wie die 'Manosphere' oder die Incel-culture, die Rolle der Medien und zeigen neue, "Transformative" Ansätze auf. Ausserdem präsentieren sie zwölf konkrete Vorschläge, wie unsere Gesellschaft diese Form von Gewalt reduzieren könnte. Das brauche vor allem von Männern (welche in der Rolle des unterdrückenden Geschlechts agieren) vor allem ein erhöhtes Mass an Selbstreflektion. Das Buch richtet sich also nicht nur an Gesetzgeber:innen, sondern explizit auch an Männer. Es sei eine "Entscheidung ob man(n) ein Teil des Problems bleiben will oder Teil der Lösung".
Heute Abend sind Miriam Suter und Natalia Widla im Humbug zu Gast und sprechen über ihr Buch Niemals aus Liebe. Moderiert von Mia Ackermann. Doors 19:30 / Beginn ist um 20 Uhr. Das Buch ist erschienen im Limmat Verlag.