Woche gegen Rassismus 2019

Rot-schwarze Federn bilden das Fundament eines indigenen Capes. Nahaufnahme

Über die Sichtbarkeit indigener Gemeinschaften und Federgewänder aus dem Amazonas

Im Depot vom Museum der Kulturen Basel treffen wir Glicéria Tupinambá. Sie ist Künstlerin, Aktivistin und indigene Anführerin ihrer Gemeinschaft in Serra do Padeiro. Der Grund für ihren Besuch in Basel: Ein jahrhunderte altes Federgewand, getragen von ihren Vorfahren in der Vorzeit des Kolonialismus in Brasilien. von Mirco Kaempf

23.05.13 Glicéria Tupinambá im Depot vom Museum der Kulturen

Glicéria Tupinambá ist indigene Anführerin der Tupinambá-Gemeinschaft von Serra do Padeiro im Nordosten Brasiliens. Wir besichtigen mit ihr eines der Federcapes ihrer Vorfahren im Depot vom Museum der Kulturen Basel.

Die Bekleidung welche vor uns ausgelegt ist sieht aus wie ein gefiedertes Cape. Es ist 400-500 Jahre alt und die rot-schwarz bespickten Ibis Federn wirken im bleichen Raum des Depots geradezu sakral: Beinahe leuchtend, ein Artefakt, beladen mit Geschichten und Konnotationen, ausgelegt in einem Vakuum. Für dieses Cape ist Glicéria Tupinambá ihre Reise nach Basel angetrete. Die Aktivistin, Künstlerin, und indigene Anführerin der Tupinambá Gemeinschaft von Serra do Padeiro (im Nordosten Brasiliens) erklärt uns, dass diese Federcapes ursprünglich von Schaman:innen der Tupinambá getragen wurden. Diese Gemeinschaften waren vor allem  entlang der brasilianischen Ostküste verteilt gewesen und waren im 16. Jahrhundert eine der grössten ethnischen Gruppen im ganzen Land – bis mit der portugiesischen Besiedlung der Kolonialismus Einzug nahm und damit auch die Tupinambá dezimiert, missioniert und vertrieben worden sind. In dieser Zeit kamen auch einige von diesen Federcapes nach Europa.

Menschen stehen um einen Tisch herum. Auf dem Tisch zu sehen ist ein rotes Feder-cape
Glicéria Tupinambá erzählt von den Hintergründen des Federcapes und vom Kampf für Anerkennung und Sichtbarkeit der indigenen Gemeinschaften in Brasilien (Foto: Mirco Kaempf)

Wie genau dieses Cape, welches aktuell im Besitz des Museums der Kulturen ist, nach Europa kam, ist unbekannt. Auch Glicéria Tupinambá und ihre Gemeinschaft wussten lange nicht, dass solche Capes überhaupt noch existieren. Dann kam es im Jahr 2000 in São Paulo zur einer Ausstellung mit dem Titel Rediscovery Exhibition. Dort zu sehen war auch ein solches Federcape - eine Leihgabe des dänischen Nationalmuseums. Die 67 jährige Dona Nivalda (indigener Name Amotara, Mutter von Chief Valdelice), lief durch die Ausstellung, blieb stehen, und erkannte das Ausstellungsstück als traditionelles Tupinambá Gewand. Die Tupinambá forderten daraufhin eine Repatriierung, was zum damaligen Zeitpunkt ein grosses Medienecho auslöste. Und noch mehr: Die Existenz dieses Federcapes war eine Sichtbarmachung und belegte den den indigenen Status der Menschen.

Glicéria Tupinambá, welche im Territorium geboren und dort aufgewachsen war, sah ein solches Federcape erst 2006 als sie sich zur Lehrerin ausbilden liess anhand einer Projektion des damaligen Ausstellungsstücks. Es war der Anfang ihres Bestrebens, ein solches Federcape selber herstellen zu lernen. Das hat sie schliesslich auch geschafft, mit Hilfe ihrer Familie und Gemeinschaft.

„Während dem Anfertigen des Capes, begann das Gewand mit mir zu sprechen. Ich lernte, dass ich zuhören muss. Und dass es eine Verbindung gibt zwischen dem Cape und dem Land. Denn damit dieses Cape überhaupt realisiert werden kann, wird das Land gebraucht. Das Land muss in einem friedvollen Zustand sein, damit auch die Natur und die Tiere dort leben können. Das Recht, dort exisieren zu können gehört zur den Anstrengung der Tupinambá, welche kämpfen müssen, auf ihr Recht, dort existieren zu können." Glicéria Tupinambá

eine weitere aufnahme des roten federgewands

Aktuell wird davon ausgegangen, dass rund elf dieser Ibis Federcapes in verschiedenen ethnologischen Sammlungen europäischer Museen lagern. Es sei ein politisches Statement, solche Capes heute wieder herzstellen und zu tragen, so langwierig diese Arbet auch sein mag. Wenn jede einzelne Masche und Feder zusammenkommt, dann ist das auch ein Zusammenspiel der Tupinambá als Gemeinschaft und der Natur. Zum einen als Metapher für Heilung, für Neuaufbau und des Zusammenhalts. Die Sprache der Kunst habe sie im Kampf um ihr Territorium gestärkt, sagt sie. Auf die Frage, ob sie sich für das Basler Objekt ebenfalls eine Repatriierung wünsche, antwortet sie:

„Ich hätte gar nicht die Kühnheit so etwas zu wünschen. Auch weil es gar nicht notwendig ist. In unserem Dorf und unserer Gemeinschaft verstehen wir, dass solange wir Zugang haben zu diesem Cape, sind auch die Energien und Verbindungen zu unseren Vorfahren zu neuem Leben erwacht. Und mit mir kehren auch diese Energien zurück zu meiner Gemeinschaft. Es kommt hinzu, dass im Moment wir auch gar keine infrastruktur hättem um dieses Cape aufzubewahren. Im Moment sind unsere Territorien bedroht. Unsere Leaderinnen und unsere Leben sind bedroht. Die Archive welche indigene Existenzen belegen werden oftmals verbrannt. ihr könnt euch also vorstellen, was mit so etwas passieren könnte. Ich bin dankbar, dass jemand dieses Gewand wie einen Schatz behandelt und darauf aufpasst.

Brasilien hat ca 304 verschiedene indigene Gruppen und an ca 1.4. Millionen indigene Personen welche heute in Brasilien leben. Ende April trafen sich in der Hauptstadt Brasilia erneut indigene Gruppierungen zu einem mehrtägigen Protestcamp. Sie kämpfen um formale Annerkennug und Schutz, also für Demarkierungen ihrer Territorien. Zahlreiche NGO’s unterstützen dieses Vorhabe im Zeichen der Menscherechte, des Naturschutz und des Klimaschutz. Im Januar diesen Jahres errichtete der vormalige und nun neu gewählte Präsidänt Luiz Inacio Lula da Silva das Ministry of Indigenous People, welche die Rechte von indigenem Gemeinschaften stärken soll.

Ihr hört in diesem Beitrag Stimmen von Alexander Brust (Museum der Kulturen Basel) Noemie Keller (als Stimme von Glicéria Tupinambá), übersetzt vom Portugiesischen ins Englische von  Mariana De Campos Francozo (Universität Leiden) und Klangteppich von Luzius Bauer.

gliceria tupinamba wird interviewt. die übersetzerin steht links daneben

Die Woche

Lesungen, Theater, Diskussion, Musik, Ausstellungen und vieles mehr: Die Woche gegen Rassismus 2019 in Basel bietet ein vielfältiges Programm, sie findet statt von: Montag, 18. März bis Sonntag, 24. März 2019

Radio X setzt in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Organisationen und Beteiligten ein Zeichen gegen Rassismus und andere Formen von Diskriminierung. Ziel ist es, die lokale Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren und gemeinsam in einen Dialog zu treten.

Während der ganzen Woche strahlt Radio X jeweils um 11:30 Uhr und um 16:30 Uhr thematische Beiträge aus.

Flyer Woche gegen Rassismus in Basel 2019

Medienmitteilung Woche gegen Rassismus 18.-24.3.19 mit Programm

 

 
Das Programm


Montag, 18. März 2019

Forumtheater "Sans Frontières" - Ein interaktiver Theaterabend zum Thema Diskriminierung und Rassismus. 

19.30 Uhr, KLARA (Clarastrasse 13)

Eintritt frei. 

 

Dienstag, 19. März 2019

Uni von unten: «Alltäglicher Ausnahmezustand: Racial Profiling in der Schweiz» mit Mohamed Wa Baile, Sarah Schilliger und Claudia Wilopo

19 Uhr, Internetcafé Planet 13 (Klybeckstrasse 60, 4057 Basel)

Eintritt frei.

 

Mittwoch, 20. März 2019

Liveübertragung Radio X, mit Interviews live vor Ort: Abendschule Import, Bla*ShTheater Niemandsland, Kulinarisches von Schnaboule Schnaboule und Musik zum Thema «Migration und Musik» mit Leila Moon.

17-22 Uhr, Keck Kiosk (Kaserne)

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Donnerstag, 21. März 2019

Podiumsdiskussion «Racial Profiling» mit szenischen Sequenzen des Theaters Niemandsland.

Auf dem Podium: Michel Hostettler (Community Policing Kleinbasel), Tobias Burkhard (Ausbildungsleiter KaPo BS), Nahom Mehret (Schweizer, geb. in Eritrea), Yvonne Apiyo Brändle-Amolo (SP Politikerin Zürich, Künstlerin).

Moderation: Bernard Senn, SRF

Mit dabei: BastA!, STOPP Rassismus u.a.

19 Uhr, Offene Kirche Elisabethen

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Freitag, 22. März 2019

Bla*Sh, Legion Seven, Brandy Butler (CH)

Mehrstimmige Lesung, Performance, Konzert, Büchertisch

19 Uhr (Doors: 18.30 Uhr), Rossstall II, Kaserne Basel

Eintritt frei.

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

Samstag, 23. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien

The tour will take place in English and is free of charge. Reservations are requested but not required. 

14 Uhr, meeting point: at the pyramides in front of the Offene Kirche Elisabethen

 

Offener Hörsaal: Interaktiver Parcours**, über Hürden und Weichen auf dem schweizerischen Bildungsweg

16.00-18.30 Uhr, Foyer Junges Theater Basel

Eintritt frei. 

 

Ausstellung*: Bundes(asyl)lager- Zunehmende Isolierung und Kontrolle im Migrationsregime Schweiz

ab 19 Uhr 

Input: Wie die Schweiz Migrant*innen 2019 isoliert und verwaltet.

20 Uhr in der Carambolage (Erlenstrasse 34, 4058 Basel)

 

 

 

Sonntag, 24. März 2019

Afrika-Stadtrundgang des Zentrums für Afrikastudien auf Deutsch

14 Uhr, Treffpunkt: Pyramiden-Platz (Elisabethenstrasse)

Reservierung erbeten, aber nicht zwingend erforderlich.

Eintritt frei.

 

 

Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Neustrukturierung des Asylverfahrens und der Einführung der Bundeslager in der Schweiz. Mit der sogenannten Beschleunigung der Verfahren sollen Menschen effizienter verwaltet und ausgeschafft werden. Dafür nimmt das Staatssekretariat für Migration (SEM) Bundeslager in Betrieb, welche nicht nur die Unterbringung, sondern auch das gesamte Verfahren unter einem Dach zentralisieren und vereinheitlichen. Diese Praxis isoliert die betroffenen Menschen noch stärker vom Rest der Gesellschaft und lässt noch weniger Raum zur Selbstbestimmung. Um die Lagerpolitik umzusetzen, baut der Staat auf die Mitarbeit von Privatfirmen und NGOs.

 

** Bildungsparcours: Sprichst Du ausreichend Deutsch, um in der Schule mitzukommen? Wirst Du bei/auf deinem Bildungsweg unterstützt? Entsprichst Du den Bewertungskriterien des Schulsystems? Reicht das Geld für eine Ausbildung? Bringst Du die geforderten/nötigen Dokumente mit, um eine Ausbildung zu beginnen? Haben alle Menschen in der Schweiz dieselben Chancen auf Bildung? In einem interaktiven Parcours erfährst Du, welche Weichen gestellt werden und welche Hürden es zu überwinden gibt auf dem schweizerischen Bildungsweg. Ähnlich einem Leiter-Spiel, wirst Du, ausgestattet mit einer neuen Identität, unterschiedliche Aufgaben lösen, um Stufe für Stufe deinem Ziel näherzukommen.

 
Ausstrahlungstermine

 

Montag 18.3. - Sonntag, 24.3.19, täglich um 11.30 h (Wdh. 16.30 h)

Redaktionelle Beiträge auf Radio X zu diversen Themen in der Woche gegen Rassismus

u.a. mit FIASKO und STOPP Rassismus

 

Donnerstag 21.3., 18 h  & Samstag 23.3.19, 13 h

Sendung X-Plus von Schüler/innen der FMS Münchenstein

 

Samstag 23.3., 16 h & Sonntag 24.3.19, 10 h

Ausstrahlung der Podiumsdiskussion zu "Racial Profiling" vom Donnerstag 21.3.19 in der Offenen Kirche Elisabethen

Kontakt

tatiana.vieira@radiox.ch

rebecca.haeusel@radiox.ch

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Die Woche gegen Rassismus wird unterstützt durch:

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