Unsere Alben des Jahres 2022 feat Gaye Su Akyol, Moderat & Batbait

Die Musikredaktion wirft einen Blick zurück und präsentiert euch eine Auswahl von Alben, welche bei uns hoch und runter liefen.

22.12.19 AdW Best of 2022: Gaye Su Akyol, Moderat, Batbait

Die Radio X Musikredaktion präsentiert nochmals ihre drei Lieblingsalben des Jahres 2022

Gaye Su Akyol - Anadolu Ejderi

Turkish Psychedelic Rock & Folk waren die Inspiration, doch das neue Album der türkischen Sängerin "Gaye Su Akyol" sprengt Genre-Grenzen. Der Albumname "Andolu Ejderi" auf Deutsch "Anatolischer Drachen" steht für das Feuer der Politik und der Gesellschaft, das sie musikalisch in eine gerechte Richtung leiten möchte. Akyol ist eine Leitfigur in der türkischen LQBTQI Community, sie möchte den Frauen allgemein mit Ihrem musikalischen Feuer die Kraft zur eigenen Identität verleihen. Ihre Texte sind politisch und streben nach Gerechtigkeit. Zum Albumtipp [BK]

MORE D4TA - Moderat

Moderat kehren nach sechs Jahren mit neuem Songmaterial zurück. Ihr viertes gemeinsames Studioalbum entstand während dem Lockdown. Im Interview erklärte uns Sascha Ring (aka Apparat und Stimme von Moderat), warum eine Pause den drei Produzenten und Bandmitgliedern gut getan hat.  "... Und dann, als der Lockdown wieder etwas lockerer wurde, sind wir zusammen ins Studio gegangen, und es hat sich eigentlich gar nicht so anders angefühlt. Also so ne Moderat-Produktion ist sowieso so ein gschützter Raum, so ne Blase, in der wir versuchen uns abzuschotten von aussen. Und das hat natürlich gut in diese Zeit gepasst". Zum Albumtipp [DB]

Dirty Clothes - Batbait

Das Debütalbum von Batbait könnte auch Friendship Music heissen. Denn was die Songs, der Sound und die Band generell ausmacht, sind die Qualitäten einer guten Freund:innenschaft. Miteinander spielen, aufeinander hören, Raum lassen für Entwicklungen und das kreative Potenzial das aufkommt, will gemeinsam die Welt erobert werden. Batbait scheinen dies alles zu praktizieren, wenn sie zusammen im Bandraum Musik machen. Dort entstehen die Songs und dort wurden sie auch aufgenommen. Dabei strotzen die zehn Songs auf Dirty Clothes von einem unverblümten Garage Rock Appeal. Was hier so lässig von der Schulter gespielt wird, hat aber eine Vorgeschichte. Im Interview erzählten uns Gitarristin Gianna Brühwiler und Bassistin Simona Bischof, wie das Album zu Stande kam. Zum Albumtipp [MK]

FKA Twigs - Caprisongs

Tahliah Debrett Barnett wie FKA Twigs mit bürgerlichem Namen heisst, singt vom Wunsch zu sterben - aber auch davon, wie sie hoffnungsvoll in die Zukunft und ins neue Jahr blickt. "Caprisongs" beweist Verletzlichkeit aber auch Zuversicht, Mut und Loslösung von alten Denkmustern. Doch nicht nur was die unterschiedlichen Genres betrifft, ist "Caprisongs" ein betont abwechslungsreiches Werk. Auch die Auftritte von Gästen wie Jorja Smith oder The Weeknd machen das Mixtape zu einer spannende Hörreise durch den Twigs-Kosmos. Zum Albumtipp [DB]

Pompeii - Cate Le Bon

Für eine DIY Liedermacherin, die genauso sehr Lyrikerin wie auch Töpferin oder Möbeldesignerin ist und  sich so sehr für die Künste, wie auch für Gespenstisches interessiert, liegen die Überlegungen wohl nicht fern, sich zu fragen wieviel von den aktuellen Zuständen der Welt in Pompeii Einklang findet. Von Klimakatastrophen, medizinischem Chaos oder mentalen Unsicherheiten. Doch für sie ist klar: Zeit transformiert sich. Wie sich vermischende Ölfarben. Wie Lava. Wie Sound. Und so sind auch die Songs auf diesem Album (allesamt geschrieben auf der Bassgitarre), getränkt in viel Reverb, Synthesizers, japanische 80s Pop Basslinien und etwas Jazz. Zusammen mit dem schwerelosen Gesang von Cate Le Bon, die mit ihren surrealen Lyrics sowieso auf X-verschiedene Zeitstrahlen hinaus deutbar sind. Zum Albumtipp [MK]

Anouchka Gwen - Utopia

Anouchka Gwen verarbeitet auf ihrem ersten Album die Realitäten, denen eine junge BIPOC-Künstlerin ständig ausgesetzt ist, als Gegenentwurf: Ein Ort zum Atmen, zum Leben, zum Träumen. "Utopia" ist keine Welt aus Zuckerwatte, sondern ein dringend benötigter Safe Space, um sich auszudrücken und zu sich selbst zu finden. Im Gespräch verriet Anouchka Gwen, dass sie sich ihrer Vorbildfunktion für jüngere Menschen sehr wohl bewusst sei. Trotzdem betont sie, dass sie sich nicht als Sprachrohr für eine ganze Generation von BIPOC female artists sehe. Vielmehr sei sie glücklich, dass sie andere Menschen in ihrem Umfeld hat, die mit ihr gemeinsame Erfahrungen und Gefühle austauschen. Es sei wichtig, sich in all dem nicht alleine zu fühlen. Blackness dürfe nicht auf ein Traumata reduziert werden, sondern bedeute auch, zusammen ganz viel Freude und entspannte Momente erleben zu dürfen. "Utopia" ist der Beweis für "Black joy". Zum Albumtipp [DB]

I Love You Jennifer B - Jockstrap

Jockstrap demonstrieren auf ihrem Debütalbum das Wunder von Kreation und Zermürbnis auf der Festplatte. Mit barockem Gesang und Dubstep inspirierter Elektronik schaffen sie Popsongs, die genauso exquisit, wie auch verstörend sind. Im ganzen Album durchzieht sich ein Motiv des Back and Forth: Ellery textet Gedichte welche sie zu Musik und Harmonie setzt. Schickt dies an Skye welcher es weiterentwickelt. In den Worten von Rough Trade entsteht so eine "Pop-Alchemie". Diese beinhaltet: Barok, Dubstep, Hyperpop und viel Experimentierfreude. Zum Albumtipp [MK]

The Sun Is Parallel - Mehmet Aslan

Von Allschwil zu den Zaber Riders. Vom Westen zum Osten. Vom Hinterhof hin zu Berlin. Seit nunmehr als zehn Jahren lässt Mehmet Aslan Genregrenzen verschmelzen und baut musikalische Brücken, mitten auf dem Dancefloor. Nun setzt der Basler Produzent/Musiker/DJ erstmals ein Statement in voller Albumlänge. Zehn Tracks mit teils leiseren, teils treibenderen Stellen. Geplant hätte er eigentlich eine Reise von Berlin in die Türkei, wobei die Klänge dieses Trips auf ein Album hätten verarbeitet werden sollen. Diese Reise fiel pandemiebedingt aus - die Motive der Grenzenübergreiffenden Reise zu sich selbst - die hätte er beibehalten. Zum Albumtipp [MK]

Gummy - Anna Aaron

Wo "Gummy" bereits eine gewisse Klebrigkeit, Künstlichkeit und Schaurigkeit andeutet sind auch die Songs verwoben in Pop, Synths und einer gesanglich-lieblichen Ominösität. Sie besingt die Geschichten, die wir uns selber erzählen. Es vereint schmetternde Sentimentalitäten und melodiöse Offenbarungen, immer wieder vorangetrieben von (Young Gods) Drummer Bernard Trontin.  Auch ist immer wieder der quasi- Anna Aaron Effekt zu hören: wenn die höheren Frequenzen schneller werden, entsteht so ein flimmern. Was für manche Ohren wie ein Filter klingt ist für sie ein übergeordneter Ausdruck. Denn was lebt, flimmert. Das sei zu spüren in Menschen, Tieren, Pfanzen. Zum Albumtipp [MK]

s/t - Zeal & Ardor

Das neue, selbstbetitelte Album von Zeal & Ardor transformiert sie von der Hype Band zur Rock Instanz. Elektronische Schattierungen, Einschläge des Blues, Wucht und Lärm machen die neuste Scheibe zu einem politischen Theater, welches ziemlich einfährt. "„Mit dem selbstbetitelten Album sind wir dort angekommen, wo ich mir vorgestellt habe, wie dieses Projekt klingen sollte. Es ist die längste Zeit, die wir an einem einzelnen Album gearbeitet haben, und ich glaube, das zeigt sich. " Zum Albumtipp [MK]